Kritik an Parteivorsitzenden Ernst wächst: Linke will ihren Chef loswerden

Der Vorsitzende der Linkspartei wird weiter aus den eigenen Reihen hart kritisiert. Neben Inkompetenz wird ihm vorgeworfen, Maulkörbe zu verteilen und die Partei nicht zu einen.

Die massive Kritik kann einem schon einmal die Röte ins Gesicht treiben: Linksparteichef Klaus Ernst. Bild: dapd

BERLIN taz | Aus der Programmdebatte der Linkspartei ist eine Führungsdebatte geworden. An der Spitze der innerparteilichen Kritiker steht Bodo Ramelow. Nein, er plane keine Palastrevolution, und nein, er wolle Klaus Ernst nicht stürzen und selbst Parteivorsitzender werden, sagte der Fraktionschef der Linkspartei in Thüringen und frühere Vizechef der Bundestagsfraktion am Mittwoch der taz. Bodo Ramelow will kein Putschist sein.

Mit Kritik an der Parteiführung spart er dennoch nicht. Jüngste Äußerungen von Klaus Ernst beförderten eine innerparteiliche Kultur des Misstrauens. Inhaltlich werde die Programmdebatte kaum vorangebracht. "Ich hatte die Hoffnung, dass die Programmdebatte geöffnet wird. Das ist nicht geschehen", so Ramelow. Der Parteispitze wirft er eine "Wagenburgmentalität" vor. "Man muss über die Führungsstruktur reden, wenn das Herz der Partei nicht zum Schlagen gebracht wird", sagte Ramelow. Das klingt bewusst zweideutig.

Angefacht hatte der Vorsitzende Klaus Ernst die Debatte um seine Person selbst. Er lud die Süddeutsche Zeitung zu sich auf die Almhütte und sagte erstaunliches: "Mich ärgert die Unvernunft, die ich teilweise erlebe." Debatten seien gut, "aber die Diffamierung der eigenen Leute muss aufhören", sagte Ernst. Einigen Ost-Linken warf er vor, sich nicht damit abfinden zu können, dass es die alte PDS nicht mehr gebe. Dass solche Sätze für Unmut im Osten sorgen, braucht ihn eigentlich nicht zu wundern.

"Mit Maulkörben kommen wir nicht weiter", sagte der Bundestagsabgeordnete Jan Korte der taz. Es sei absurd, was Ernst verlange. "Einige dürfen Interviews geben, in denen sie anderen verbieten, sich öffentlich zu äußern", so Korte. Die einseitige Kritik von Ernst an einigen Ost-Linken ärgert ihn. "Ich würde mir einen Parteivorsitzenden wünschen, der alle Teile der Partei vertritt, nicht nur einen."

Spricht man mit anderen führenden Parteimitgliedern, hört man deutlich härtere Kritik. "Die können es einfach nicht", sagt einer. "Was Klaus Ernst sagt, ist nicht normal. Ihm ist jeglicher Maßstab verloren gegangen", ein anderer.

Namentlich zitieren lassen will sich damit niemand. Offiziell heißt es dann, "eine Personaldebatte ist derzeit völlig fehl am Platz". Natürlich. Im kommenden Jahr stehen sieben wichtige Landtagswahlen an, für die Linkspartei geht es dabei um viel. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz etwa will sie erstmals ins Parlament. In Berlin das rot-rote-Bündnis fortsetzen, in Mecklenburg-Vorpommern ein solches bilden.

Vor diesen Wahlen eine offene Personaldebatte zu führen könnte fatal sein. Offiziell steht der Parteivorsitz erst wieder im April 2012 zur Wahl. Im Oktober nächsten Jahres ist in Erfurt ein Programmparteitag geplant. Je nachdem, wie die Landtagswahlen im kommenden Jahr für die Partei verlaufen, könnte dieser auch schnell zu einem vorgezogenen Personenparteitag umdeklariert werden.

Einige trauen Bodo Ramelow zu, Parteichef zu werden. Er hatte sich 2009 aus der Bundespartei zurückgezogen, um in Thüringen Ministerpräsident zu werden. Das klappte nicht. Seitdem ist er Oppositionsführer im Thüringer Landtag. Auf die Frage, ob er in absehbarer Zeit einen Posten in der Bundespartei anstrebe, sagt er: "Ich will Ministerpräsident in Thüringen werden." Eine Absage klingt anders.

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