Kritik am Regierenden: Warnschuss für Wowereit
Nach der Steueraffäre um Kulturstaatssekretär Schmitz will Initiative Volksbegehren gegen Wowereit. Erste Rücktrittsforderung aus Opposition.
Nun sollen auch die Berlinerinnen und Berliner mitentscheiden dürfen über die Zukunft von Klaus Wowereit. „Wir streben ein Volksbegehren zur vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses an“, sagte der Sprecher der Initiative, Felix Herzog, am Mittwoch. Die Idee sei am Dienstagabend entstanden. „Es war eine Eckkneipen-, aber keine Schnapsidee“, sagte Herzog. Am Dienstag wolle man mit der Innenverwaltung weitere Details besprechen.
Neuwahlen möglich
Nach dem Berliner Abstimmungsgesetz kann ein Volksentscheid den Bürgermeister zwar nicht direkt absetzen, aber Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus erzwingen. „Wenn ein Politikwechsel gelingt, nehmen wir in Kauf, dass das Abgeordnetenhaus neu gewählt werden muss“, betonte Herzog. Die Initiative sei zunächst als politischer Warnschuss gemeint. „Vielleicht räumt Wowereit seinen Posten auch schon, bevor es zu einem Volksbegehren kommt“, sagte er.
Wowereit hatte seit 2012 Kenntnis von der Steueraffäre um seinen Kulturstaatssekretär André Schmitz. Nachdem der Fall am Montag bekannt wurde, hat der Regierende noch versucht, seinen Vertrauten zu halten. Eine Intervention von SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel und Landeschef Jan Stöß hatten Schmitz allerdings bewogen, am Dienstag seinen Rücktritt zu erklären. Seitdem steht auch Wowereit unter Beschuss.
Kritik kommt nun auch aus der Bundes-SPD: Fraktionschef Thomas Oppermann kritisierte, dass der Steuerbetrug von Schmitz erst jetzt bekannt geworden ist. „Es wäre besser gewesen, wenn das gleich offenbart worden wäre“, sagte Oppermann. Ob Wowereit Konsequenzen ziehen müsse, komme darauf an, welche Erklärung er dafür habe.
Auch in der Berliner SPD reißt die Kritik nicht ab. Der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu sagte: „Wowereit hat 2012 die Spitzen der Partei nicht eingebunden, sondern allein entschieden.“ Dadurch habe er allein die politische Verantwortung übernommen und müsse jetzt das Risiko tragen. Jusochef Kevin Kühnert forderte die sofortigen Rückkehr Wowereits aus dem Skiurlaub, um die Vorwürfe zu klären.
Aus der Opposition kommt erstmals auch eine Rücktrittsforderung. Der Schritt sei „unvermeidlich“, nachdem Wowereit fast zwei Jahre lang die schützende Hand über einen überführten Steuerhinterzieher gehalten habe, erklärte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki. Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, nannte Wowereits Haltung „für einen Regierenden Bürgermeister unwürdig“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Amnesty-Bericht zum Gazakrieg
Die deutsche Mitschuld
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Debatte um Bezahlkarte
Hundegulasch und Auslandsüberweisungen
Hilfslieferungen für den Gazastreifen
Kriminelle Geschäfte mit dem Hunger
Nach Recherchen zum Klaasohm-Fest
Ab jetzt Party ohne Prügel
Wirbel um Schwangerschaftsabbruch
Abtreiben ist Menschenrecht