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Krisen und wie wir damit umgehenWas lernen wir aus dem Kriegsjahr?

Wir brauchen eine gute Geschichte unserer Zukunft – und wir müssen uns entscheiden, wofür wir uns engagieren wollen. Und nicht, wogegen wir kämpfen.

Gute Geschichte: Die Skulpturen „Bulle & Bär“ auf der Halde Hoheward erzählen davon, dass das Ruhrgebiet grünste Industrieregion der Welt werden will Foto: Christoph Reichwein/dpa

N ichts auf der Welt ist mächtiger als eine gute Geschichte. Unser bundesrepublikanisches Problem ist: Wir sind eine gute Geschichte gewesen, haben aber keine gute Geschichte unserer Zukunft mehr zu erzählen. Keine gemeinsame, keine mehrheitsfähige, während die alte vor unseren Augen zerbröselt.

Was speziell wir Möchtegern-Weltretter gut draufhaben, sind schlechte Geschichten.

Schlecht, weil sie ein schlimmes Ende selbsterfüllend prophezeien – also: Klimakatastrophe, Abstieg des Westens, Nazis reloaded, insgesamter sozialer Abstieg. Und schlecht, weil sie nicht funktionieren im Sinne einer guten Geschichte – also: „Weniger“ haben kann ganz toll sein, Leute, oder ist halt jetzt Bürgerpflicht. So läuft das nicht. Verzicht ist verständlicherweise eine Zumutung für eine liberaldemokratische Fortschrittsgesellschaft, die gerade erst begreift, dass ihre sozialen und emanzipatorischen Errungenschaften auf zukunftszerstörendem Verbrennen von fossilen Energien und freiheitsgefährdenden Abhängigkeiten von russischem Gas und chinesischem Markt beruhen.

Am Ende dieses schlechten Jahres merkt man, dass viele durchhängen und manche hoffen, sie könnten jetzt wieder richtig schön GEGEN etwas KÄMPFEN. Aber das ist das falsche Paradigma. Man kann nicht gegen den Klimawandel kämpfen. Zukunft werden wir nur gewinnen, wenn wir uns FÜR etwas entscheiden und uns dafür engagieren – und den Begriff des Kämpfens ersetzen durch komplexe, aber produktive Prozesse der Veränderung. Kämpfen können muss man allerdings in einem konkreten Fall: Wenn eine feindliche Armee einen angreift.

Klima und Krieg sind für Daniel Cohn-Bendit die miteinander verwobenen Begriffe des Jahres 2022, das uns gezwungen hat, Dilemmata-Entscheidungen zu akzeptieren, die zu einem erwünschten und gleichzeitig unerwünschten Ergebnis führen. Konkret meint das die aus dem russischen Angriffskrieg folgende Wirtschafts- und Energiepolitik von Vizekanzler Robert Habeck, die die Versorgungssicherheit für Unternehmen und Leute gewährleistet, aber klimapolitisch eben auch Nachteile hat. Geopolitisch notwendige Handlungen wie die Unabhängigkeit von Russland verengen erst mal sozialen und ökologischen Fortschritt.

wochentaz

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Das betrifft auch die Renovierung der Bundeswehr, die viel Geld kostet, von dem man dachte, man könne es besser einsetzen, und das nun anderswo fehlen wird. „Wir sind im ersten Jahr des Lernens, in solchen Dilemmata zu denken und politisch zu agieren“, sagt Cohn-Bendit, der selbst einen weiten Weg gegangen ist von den 68er-Barrikaden über das Werben für den militärischen Nato-Einsatz im Jugoslawienkrieg bis heute.

Aus dem adornitischen Kritiker-Off der Haltungsmilieus müsste es spätestens jetzt routiniert schallen, dass das alles „doch gar nicht geht“. Ja, es gibt wirklich schlimme Dinge, die nicht gehen und verhindert werden müssen, aber der kulturell-geistige Wechsel 2023 besteht in der Hinwendung zur Leitfrage: Was geht? Mit wem geht es, wie geht es, was kann ich dafür TUN?

Es ist eben nicht nur scheiße, dass die fossilen Speicher voll sind, es ist auch eine starke Leistung, weil es eben nicht mehr „normal“ ist, dass die Heizung mit russischem Gas läuft, während wir kuschlig erregt über Sprachvergehen in Facebook-Replies streiten.

Das bringt mich zu einer weiteren unangenehmen Notwendigkeit: Wir müssen als diverse und vielfältige Mehrheitsgesellschaft – ohne andere auszubauende Bereiche zu denunzieren – in neuen Prioritäten denken und handeln. Das heißt: Wärmepumpe ist drängender als Gendersprache.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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12 Kommentare

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  • Wenn alle den Gürtel enger schnallen (müssen), ist es umso nötiger, die Leitplanken gegen Diskriminierung zu verstärken. Für Minderheiten bedeuten schwierigere Zeiten auch höhere Bedrohung. Wenn zu wenig Klimapolitik gemacht wird, liegt das nicht einem Zuviel an Identitätspolitik. Ähnlich argumentiert wird von Rechts- und Linksaußen, wenn Sozialpolitik gegen Identitätspolitik ausgespielt werden soll.

  • Das heißt, die Krise als Startpunkt zum Aufbruch nutzen: Das ist immer das beste Konzept. Partikularinteressen hinten anstellen: Das zu vermitteln ist schon schwieriger. Das große Problem seh‘ ich aber darin, dass immer mehr Leute offenbar bereit sind, eine demokratische solidarische Gesellschaft für einen warmen Hintern einfach in die Tonne zu treten – wahlweise auch für „Maskenfreiheit“ oder sonstigen Unsinn (wir bekommen das hier in Reutlingen jeden Samstagabend vorgeführt). Trotzdem: siehe erster Satz.

  • Guter Beitrag, Danke!

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    "... eine liberaldemokratische Fortschrittsgesellschaft, die gerade erst begreift, dass ihre sozialen und emanzipatorischen Errungenschaften auf zukunftszerstörendem Verbrennen von fossilen Energien und freiheitsgefährdenden Abhängigkeiten von russischem Gas und chinesischem Markt beruhen."

    Wenn das so ist, dann war sie eigentlich nie eine wirklichlich "liberaldemokratische Fortschrittsgesellschaft" sondern ein



    wirtschafts- und finanzautokratisches Endlosdelirium.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Wenn der Chefreporter als Chefideologe polemisch-populistisch Sachverhalte in einen Zusammenhang stellt, die nix miteinander zu tun haben, ist Zitieren besser als Parodieren:



    „..manche hoffen, sie könnten jetzt wieder richtig schön GEGEN etwas KÄMPFEN.“ „Man kann nicht gegen den Klimawandel kämpfen.“ „Wärmepumpe ist drängender als Gendersprache.“ „dass ihre sozialen [und emanzipatorischen] Errungenschaften auf [zukunftszerstörendem Verbrennen von fossilen Energien] und [freiheitsgefährdenden Abhängigkeiten von russischem Gas und chinesischem Markt] beruhen.“ (Peter Unfried)



    Entweder Oder. Aus Peter Un(d)fried wird Peter OderFried. Nochmal: „Wärmepumpe ist drängender als Gendersprache.“ Warum Entweder/Oder? Sowohl als Auch (aka Und) geht nicht?



    Manche hoffen. Manche meinen. „Manche meinen Lechts und Rinks könne man nicht velwechsern.“ (Ernst Jandl)



    Daniel Cohn-Bendit ist mittlerweile wie Alice Schwarzer. Allround-Experte für nix und alles. Und btw. Wie produziert eigentlich eine Luft(Wärme)Pumpe bei Nebel, Windstille und Minustemperaturen Wärme?

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Faß ihn mal z‘samm! Gell.

      “Denke nie gedacht zu haben. Denn das Denken der Gedanken ist gedankenloses Denken.“

      kurz - Manchmal ist Ideologie - also falsches Bewußtsein - so offensichtlich!



      Daß es weh tut & doch selten. Gellewelle



      Thnx a lot for assist •

      Na Mahlzeit

    • @95820 (Profil gelöscht):

      "Und btw. Wie produziert eigentlich eine Luft(Wärme)Pumpe bei Nebel, Windstille und Minustemperaturen Wärme?"



      Na mit dem wunderbaren Netzstecker ;-) !



      Hab unten mal den visualisierten Strommix der letzten 11 Tage verlinkt - PV und Wind kommen vom 29.11 - 2.12 auf nichtmals 10 % der Strom Erzeugung - und das ist nur die Stromerzeugung...



      Somit heizt aktuell unsere Wärmepumpe mit Braunkohle aus dem Netz , immerhin mit nen COP von ~ 3,5, d.H. das aus einer kWh Strom 3,5 kWh Wärme in unsere Hütte kommen. Ich rede mir somit ein das es trotz des bescheidenen erneuerbaren Strommixes Sinnvoller ist die Kohle im berliner Kraftwerk zur Stromerzeugung mit Fernwärmenutzung zu verfeuern, anstelle unsere Hütte gleich mit Brixetts und alten Ofen zu Heizen. Ich müsste ja drei mal mehr Kohle privat verfeuern um die gleiche Wärme zu haben und die Wohnungen um mich herum profitieren als von der Abwärme als Fernwärme zum Heizen.

      www.smard.de/home/...ion%22:%22DE%22%7D

  • Meine Wunsch-Politik für alle Menschen und Länder besteht nicht erst seit Corona oder Russischem Krieg, und sie ist einfach und sehr effizient - sie lautet:

    Im Frieden und mit gutem Miteinander überall und weltweit, z.B. am Arbeitsplatz, z.B. mit armen oder "verstoßenen" Ländern, Klimakrise, gleichen Rechten und Pflichten für alle "Geschlechter", usw. können wir alles verbessern - mit ein paar pragmatischen Veränderungen der Politik bei uns und weltweit.

    Dafür könnte eine neue Partei gut sein, und es dürfte auch gut zur SPD passen.

  • Sich für etwas Gutes einzusetzen beinhaltet auch den Kampf gegen ewig Gestriges. Es spricht also etwas dafür, auch die konstruktive Kraft im Destruktiven zu sehen. Öllobby, Verbrennerfetischisten, Plastikverschmutzer und auch Verzögerer von Maßnahmen gegen den Klimawandel müssen frontal angegangen werden. Alles Gelaber hat ja in den letzten Jahrzehnten nix gebracht. Der Widerstand "gegen" das "Weiter so" kommt mir logisch und legitim vor. Dass mensch dabei auch "für" etwas kämpft, nämlich für eine Idee was dann danach kommt, ist trivial. Sollte es jedenfalls sein.

  • > Was lernen wir aus dem Kriegsjahr?

    Pathetischer könnte er fragen:



    "Was ist ein Jahr der Zeitenwende?"

    Und dann auch gleich weiter im Panikmodus der "Letzen Generation":

    "Was ist da ein Gesetz, das hemmen will?"

    Vorsicht!

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Bildunterschrift: "dass das Ruhrgebiet grünste Industrieregion der Welt werden will "



    Was Mensch doch alles will.. Grünes Marketing und Schrill.



    8Die deutsche Großmäuligkeit tut's ja nicht unter "Welt-Marktführerschaft" Das kennen wir schon von Merkel und Altmaier etc...)



    Aber Habeck und Äzdemir werden das jetzt umsetzen.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Na logo. Mit PU sei Superhyperwnd!



      Gelingt‘s - Gellewelle - sowas von g‘schwind.



      Dess ist’s - was die Welt im innersten zusammenhält!



      Bisse dann in Scherben fällt.