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Krise zwischen Uganda und DeutschlandFake-Telefonat sorgt für Fake-Strafmaßnahme

Weil der deutsche Botschafter in Uganda angeblich Rebellen unterstützt, kündigt Uganda die militärischen Beziehungen. Dabei gibt es beides gar nicht.

Um ihn geht es: Ugandas Oppositionsführer Bobi Wine, den angeblich Deutschland offiziell unterstützt. Hier in Südafrika 2023 Foto: Siphiwe Sibeko REUTERS

Kampala taz | Auf sämtlichen Titelseiten in Uganda wird derzeit Deutschland an den Pranger gestellt. Die deutsche Botschaft würde Rebellen im Land „finanzieren und mobilisieren“, behauptet Ugandas Armeesprecher Chris Magezi. Am Sonntag kündigte er an, Uganda werde sämtliche Militärkooperation mit der Bundesrepublik aufkündigen – dabei gibt es solche gar nicht.

Der ugandische „Shitstorm“ gegen die Deutschen ist Ergebnis einer politischen Entwicklung, die sich seit vielen Monaten zuspitzt. Im Januar 2026 sind Wahlen anberaumt. Ugandas 80-jähriger Präsident Yoweri Museveni will erneut antreten, er regiert bereits seit 1986. In den Startlöchern steht auch sein ältester Sohn Muhoozi Kainerugaba, derzeit Ugandas Armeechef und ein ausgesprochen agiler Kommentator auf X weit über seine offizielle Funktion hinaus.

Auf den Wahlkampf bereitet sich auch Ugandas derzeit wichtigste Oppositionspartei NUP (Nationale Einheitsplattform) vor, unter dem Musiker Robert Kyagulanyi, bekannt unter seinem Künstlernamen Bobi Wine.

Ende April verschwand Wines Leibwächter Edward Mutwe spurlos. Es stellte sich heraus: Er saß in einem der zahlreichen illegalen Gefängnisse, wo auch gefoltert wird, wie er selbst nach seiner Freilassung bestätigte. Armeechef und Präsidentensohn Kainerugaba postete auf X Fotos von Mutwe – sein Kopf kahl rasiert, sein Gesicht schmerzverzerrt. „Er macht sich in die Hose, wenn er mich sieht“, witzelte der Präsidentensohn: „Wir bringen ihm Runyankore bei“. Runyankore ist die Sprache von Musevenis Ankore-Ethnie aus dem Südwesten des Landes, die seit 40 Jahren Ugandas politische und militärische Elite stellt.

Europäische Botschafter treffen Oppositionspolitiker

Zur selben Zeit begannen europäische Botschafter in Uganda mit ihren Treffen verschiedener Parteien – eine übliche Konsultationsrunde im Vorfeld der Wahlen. Ein Foto prangte kurz darauf auf den Titelseiten: Bobi Wine im Handschlag mit Vertretern von EU-Staaten, darunter dem deutschen Botschafter Mathias Schauer. Kurz darauf zirkulierte eine Audio-Datei in Ugandas Sicherheitskreisen. Darauf sichert angeblich Botschafter Schauer einem Vertreter von Wine die volle Unterstützung des Auswärtigen Amtes und der deutschen Medien zu – offenbar ein gestelltes Telefongespräch.

Die EU-Botschafter würden mit „Feuer spielen“, war Kainerugabas Kommentar auf X. Die Deutschen würden „illegale und geheime“ Aktivitäten in Uganda finanzieren und unterstützen, kritisierte Armeesprecher Magezi und stellte klar: „Unsere Geheimdienste sind ihnen auf der Spur. Wir sind dabei, die Terrorzellen auszuheben.“

Kurz darauf reisten europäische Botschafter in den Norden Ugandas für ein lang im Voraus geplantes Gesprächsprogramm mit den lokalen Vertretern verschiedener Regionen. In der nördlichen Bezirkshauptstadt Gulu residiert auch General Caleb Akandwanaho, bekannt unter seinem Kriegsnamen Salim Saleh, der seit Jahrzehnten sehr einflussreiche Bruder von Präsident Museveni.

Beim Treffen mit Saleh vergangene Woche meldete sich auch der deutsche Botschafter Schauer zu Wort. Das Video seiner Aussage ging später landesweit viral. „Wir sind besorgt über den Schaden der Reputation“, so Schauer über die X-Kommentare von Armeechef Kainerugaba. Unterfüttert von klaren Gesten fordert der deutsche Botschafter General Saleh auf, „eine rote Linie“ zu ziehen hinsichtlich der Onlinekommentare seines Neffen.

Die Antwort des Präsidentensohns an den deutschen Botschafter kam prompt: „Es hat mit ihm als Person zu tun. Er ist völlig ungeeignet, in Uganda stationiert zu sein“, so Kainerugaba auf X.

Immerhin: Saleh versprach, sich des Problems anzunehmen, betonte allerdings auch, dass Kainerugaba seine X-Kommentare als Privatperson tätige, nicht als Armeechef. „Er ist ein guter Junge“, so Onkel Saleh.

Nachts wird geholzt, morgens gelöscht

Es ist nicht das erste Mal, dass Kainerugabas X-Tweets diplomatische Skandale auslösen. Zu Beginn des Jahres drohte er online erst der Demokratischen Republik Kongo, dann Sudan mit einem militärischen Einmarsch. Vor allem nachts setzt der 51-jährige Präsidentensohn mitunter zahlreiche provokante Tweets ab, viele werden im Morgengrauen wieder gelöscht.

Als Armeechef hat er nun via Armeesprecher Magezi den Deutschen die militärischen Beziehungen gekündigt. Dabei hat Deutschland in Uganda keinen Militärattaché stationiert und unterhält auch keine militärischen Beziehungen zu Ugandas Armee. Diese wird mittlerweile vor allem aus Russland unterstützt.

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2 Kommentare

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  • Ich bin gespannt wann Simone Schlindwein als "unerwünschte Person" gebrandmarkt wird. Im Zuge des Baus der EACOP-Pipeline und der Kritik daran wurde in Ugandas Regierungskreisen das Narrativ neokolonialer Einmischung aufgebracht. Das UN-Menschenrechtsbüro in Kampala wurde bereits geschlossen. 54 NGOs verloren ihre Zulassung. Im letzten Wahlkampf starben über 50 Personen. Bobi Wines Fahrer wurde damals erschossen. Als Vorbereitung der Wahlen 2026 wird wohl wieder eine Verteufelung von LGBTQ Personen stattfinden, damit kann man Stimmen sammeln. Oder aber mit 10.000 Schilling-Noten (2.50€), wie sie an Versammlungsteilnehmer von Museveni-Kundgebungen verteilt wurden. Im letzten Wahlkampf wurde just dort das Internet blockiert, wo Bobi Wine gerade Wahlkampf machte. Selbst die Konrad Adenauer Stiftung hat in einem Gutachten enthüllt, dass Uganda Pegasus-Software zur Überwachung von Journalisten eingesetzt hat.



    Die Liste ist nicht vollständig.

  • Ugandischen Häuptlingen öffentlich zu drohen (rote Linie ziehen) ist gewiss nicht diplomatisch, der Botschafter sollte abgezogen werden.



    Ansonsten, Uganda ist halt Uganda.