piwik no script img

Krise zwischen Kongo und RuandaDiplomatie gegen die Hitzköpfe

Die Regierungen der Demokratischen Republik Kongo und Ruandas führen Gespräche, um ihre politische Krise zu lösen. Derweil landen in Goma Kampfjets.

Montag in Goma, Kongo: Jugendliche Freiwillige für die Armee üben Gleichschritt Foto: Moses Sawasawa / ap

Berlin taz | Nach den jüngsten Erfolgen der mutmaßlich von Ruanda unterstützten kongolesischen Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) im Osten der Demokratischen Republik Kongo stehen die Zeichen jetzt wieder auf diplomatische Entspannung. Bei einem Außenministertreffen in Angolas Hauptstadt Luanda vereinbarten die Regierungen Kongos und Ruandas am Samstag „die Fortsetzung des politischen Dialogs“ zwischen beiden Ländern „als Mittel der Lösung der politischen Krise zwischen den beiden Bruderländern“ sowie „die Festlegung eines Zeitplans“ für die Umsetzung bestehender Beschlüsse.

Vor allem aber solle eine regionale Überprüfungsmission zur Klärung gegenseitiger Vorwürfe zwischen Kongo und Ruanda jetzt „unverzüglich“ in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma stationiert werden.

Die Millionenstadt Goma ist Hauptstadt der an Ruanda und Uganda grenzenden kongolesischen Provinz Nord-Kivu, in der die M23-Rebellenarmee, die 2012 von abtrünnigen kongolesischen Tutsi-Generälen gegründet worden war und sich Ende 2013 ins Exil zurückgezogen hatte, inzwischen wieder beträchtliche Gebiete kontrolliert. Ende Oktober waren die Rebellen über die von ihnen im Juni eingenommene Stadt Bunagana an der Grenze zu Uganda bis in die Distrikthauptstadt Rutshuru sowie noch weiter vorgestoßen.

Die M23 steht jetzt 35 Kilometer nördlich von Goma, das direkt an der Grenze zu Ruanda liegt. Die jüngsten Kämpfe haben nach UN-Angaben rund 90.000 Menschen in die Flucht getrieben; Nord-Kivu zählte zuvor bereits rund 1,8 Millionen Kriegsvertriebene.

Aufmärsche und Paraden in Goma

Kongo wirft Ruanda vor, die M23 militärisch zu unterstützen, und verweist auf entsprechende UN-Erkenntnisse. Viele Kongolesen halten die M23 insgesamt für eine verdeckte Operation der ruandischen Armee und bezeichnen das M23-Gebiet als von Ruanda besetztes Gebiet, das es zu befreien gelte.

Kongos Präsident will eine militärische Eskalation vermeiden, die er nicht gewinnen kann

Fast täglich blasen in Goma Jugendliche auf Demonstrationen zum Krieg gegen Ruanda oder präsentieren sich in rudimentären Paradeaufstellungen unter Aufsicht von Soldaten als frische Armeerekruten.

Kongos Präsident Felix Tshi­sekedi, der vergangene Woche in einer Fernsehansprache die Bevölkerung zur Mobilisierung zum Schutz des kongolesischen Staatsgebietes aufgerufen hatte, sucht den Weg der diplomatischen Entspannung mit den Nachbarn, um eine militärische Eskalation zu vermeiden, die er nicht gewinnen kann.

Erst jüngst hat er die wichtigsten Generäle seiner Armee zum wiederholten Male ausgetauscht. Die Kommandostrukturen seiner Streitkräfte erscheinen momentan gestört, was auch die jüngsten Erfolge der M23 erklären könnte.

Internationale Truppen sollen nun die Lage deeskalieren helfen. Die laut dem Beschluss von Luanda „unverzüglich“ zu stationierende Überprüfungsmission in Goma soll von Angola geführt werden. Am Sonntag landeten dort außerdem erste Soldaten aus Kenia: Vorhut einer ostafrikanischen Eingreiftruppe, die zwar nicht gegen die M23 kämpfen, aber die Fronten beruhigen soll.

Zusammen mit ihnen landeten auf dem abgesperrten Flughafen von Goma Kampfjets, über deren Herkunft in der Stadt sogleich wild spekuliert wurde: Hat Kongo sie von Angola gemietet oder sogar von Russland gekauft? Oder sind sie einfach aus Kenia?

Ihre Piloten sind jedenfalls anscheinend nicht ortskundig. Ein Jet landete am Montag kurz auf dem Flughafen der direkt an Goma angrenzenden ruandischen Stadt Gisenyi – vermutlich aus Versehen, aber Ruanda protestierte gegen die „Provokation“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!