Krise im Südsudan: Menschenjagd in Juba
Dutzende Menschen sterben bei Kämpfen und gezielten Morden in der Hauptstadt Südsudans , Tausende fliehen zur UNO. Uganda droht einzugreifen.
BERLIN taz | In Südsudans Hauptstadt Juba sucht Präsident Salva Kiir die Entscheidung gegen seinen Rivalen und ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar. Nach schweren Kämpfen am Montag meldeten Beobachter aus Juba am Dienstag Verhaftungen sowie die Tötung von Angehörigen der Nuer-Volksgruppe, zu der Machar gehört.
Zumindest am Vormittag wurde auch weiterhin mit schweren Waffen in der Millionenstadt gekämpft. Sowohl das Gelände des Präsidentenpalastes als auch das von Riek Machar seien beschossen wurden, hieß es.
„Unschuldige südsudanesische Bürger werden auf den Straßen von Juba getötet; sie sind Zielscheibe, einfach weil sie Nuer sind“, heißt es in einem Augenzeugenbericht, der der taz vorliegt. „Dies geschieht unter dem Kommando unseres Präsidenten.“ Unbestätigten Berichten zufolge wurde ein Nuer-Priester in seinem Haus erschossen.
Nach Radioberichten sind sechs ehemalige Minister im Polizeihauptquartier eingesperrt; auch dieses Gebäude war umkämpft. Die Regierung bestätigte am Nachmittag insgesamt zehn Festnahmen von Politikern und sagte, fünf weitere würden noch gesucht, darunter Riek Machar.
Ein kriegsverwüstetes Land
In der Nacht zum Montag waren in Juba schwere Kämpfe zwischen Kiir- und Machar-treuen Soldaten ausgebrochen, offenbar nach Streit bei einem Vorstandstreffen der regierenden SPLM (Sudanesische Volksbefreiungsbewegung). Viele Beobachter fürchten, dass Präsident Kiir sich jetzt auf Kämpfer seiner eigenen Volksgruppe der Dinka verlässt und Gegner aufgrund ethnischer Kriterien verfolgt.
Dies könnte zu einem Bürgerkrieg führen – in einem bereits kriegsverwüsteten, erst seit zwei Jahren unabhängigen Land.
Nach Krankenhausangaben aus Juba forderten die schweren Kämpfe am Montag unter den Soldaten 62 Tote; Hunderte Menschen wurden verletzt, es war schwierig, in Krankenhäuser zu gelangen. 16.000 Menschen, zumeist Frauen und Kinder, sollen sich inzwischen auf diverse Gelände der UN-Blauhelmmission im Südsudan (Unmiss) geflüchtet haben. Der Flughafen von Juba und die Landesgrenzen Südsudans sind geschlossen.
Soldaten an der Grenze
Unklar bleibt, auf wessen Seite die Familie des noch vor Südsudans Unabhängigkeit gestorbenen Befreiungshelden John Garang steht. Seine Witwe Rebecca Garang soll sich auf die Seite der Gegner von Präsident Kiir geschlagen haben, aber das ist genauso unbestätigt wie dass sie verhaftet worden sei. Die Familie Garang ist einflussreich im Nachbarland Uganda, traditionelle Stütze der SPLM im Befreiungskrieg.
Ein ugandischer Militärsprecher sagte, 2.000 ugandische Spezialkräfte stünden an der Grenze zum Südsudan. „Ugandas Streitkräfte stehen bereit, Übeltäter zu ergreifen, die das Chaos ausnutzen und Unheil über unser Volk bringen könnten“, wurde Armeesprecher Paddy Ankunda in ugandischen Medien zitiert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig