Krise im Südsudan: US-Außenminster droht Kämpfern
Die Krise im Südsudan spitzt sich zu. US-Außenminister John Kerry warnt vor einem Völkermord. Die UNO sieht Parallelen zum Genozid in Ruanda 1994.
ADDIS ABEBA/BERLIN afp/taz | US-Außenminister John Kerry hat vor einem „Völkermord“ im Südsudan gewarnt und den Konfliktparteien Sanktionen angedroht, sollten sie die Kämpfe nicht beenden. Bei einem Besuch in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba sagte er am Donnerstag, es gebe „verstörende Anzeichen“ ethnisch motivierter und gezielt nationalistischer Tötungen. „Wenn diese andauern, stellt das die internationale Gemeinschaft vor ernste Herausforderungen hinsichtlich eines Völkermordes.“
Die Konfliktparteien um Präsident Salva Kiir auf der einen und seinen Rivalen und früheren Stellvertreter Riek Machar auf der anderen Seite forderte er auf, die Gewalt in dem jungen Staat zu beenden. Nach UN-Angaben wurden bereits mehrere tausend Menschen getötet. Über eine Million sind auf der Flucht.
Angeheizt wird die Krise von Rivalitäten der Volksgruppen der Dinka und der Nuer. Kiir gehört den Dinka an, Machar gehört zur Volksgruppe der Nuer. Nach Informationen der Evangelischen Kirche in Deutschland wird in lokalen Radiosendern dazu aufgerufen, Angehörige der jeweils anderen Seite zu töten.
Die Verantwortlichen der gezielten Tötungen müssten vor Gericht gestellt werden, sagte Kerry. „Wir erwägen Sanktionen gegen diejenigen, die Menschenrechte verletzen und humanitäre Hilfe blockieren.“ Washington werde „harte Botschaften“ senden, sollten die Rivalen keine Maßnahmen für ein Ende der Gewalt ergreifen, sagte Kerry, ohne Details möglicher Sanktionen zu nennen. Zugleich warnte er vor einer schweren Hungersnot, die wegen der Kämpfe ausbrechen könnte.
Kerry zeigt sich enttäuscht
Auch der UN-Gesandte Adama Dieng hatte am Mittwoch in der südsudanesischen Hauptstadt Juba bereits vor einem Völkermord wie vor 20 Jahren in Ruanda gewarnt, ähnlich äußerten sich mehrere Menschenrechtsgruppen. Durch den Genozid in Ruanda waren 1994 rund 800.000 Menschen getötet worden. Die meisten Opfer waren Angehörige der Bevölkerungsminderheit der Tutsi, die von Angehörigen der Hutu umgebracht wurden.
Kerry hatte seit der Eskalation des Konflikts Ende 2013 bereits mehrfach mit den Anführern beider Seiten verhandelt und zeigte sich nun „offen gestanden enttäuscht von deren Antworten“. Der lange schwelende Machtkampf zwischen Kiir und Machar war im Dezember eskaliert. Gleichzeitig traten die Rivalitäten der Volksgruppen wieder offen zutage. Kerry wollte im Zuge seiner mehrtägigen Afrikareise auch in die Demokratische Republik Kongo und nach Angola reisen. Ihn dürften dabei auch die Konflikte im Kongo sowie in Somalia und in der Zentralafrikanischen Republik beschäftigen.
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