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Krise der Öffentlich-RechtlichenKontrolldefizite auch anderswo

Anne Fromm
Kommentar von Anne Fromm

Die Chefs der anderen Sender sind in der rbb-Affäre auffallend still. Auch bei ihnen ließe sich sicher einiges finden. Es braucht politische Vorgaben.

RBB-Fernsehzentrum im Berliner Ortsteil Westend Foto: Lakomski/Eibner-Pressefoto/imago

E s ist in diesen Tagen nicht leicht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verteidigen. Seine wichtige Rolle für die Demokratie? Besonders glaubhaft kann er die momentan nicht erfüllen, solange in seinen Chefetagen offenbar geklüngelt wird. Der gute Journalismus, der aus den Öffentlich-Rechtlichen kommt? Nun ja, es waren Journalisten des privaten, zu Axel Springer gehörenden Wirtschaftsmagazins Business Insider, die die Skandale um die rbb-Intendantin Patricia Schlesinger offengelegt haben.

Protzige Dienstwagen, Luxussanierung der Chefinnen-Etage, dubiose Beraterverträge, Boni für die Chefs, während in der Belegschaft hart gespart wurde – es ist der Worst Case für die Öffentlich-Rechtlichen. Das „System Schlesinger“ konnte funktionieren, weil die Kontrollmechanismen des rbb versagt haben. Die Intendantin machte gemeinsame Sache mit dem, der sie kontrollieren sollte, dem Verwaltungsratschef – zu zweit, ohne Protokoll und ohne dass seine Gre­mi­en­kol­le­g*in­nen ihn zur Rechenschaft gezogen haben. Das ist ein Desaster für den gesamten Verwaltungsrat.

Das Büro der rbb-Mitarbeiterin, die dem Verwaltungsrat zuarbeitet, liegt nur wenige Meter entfernt vom Büro der Intendantin. Die Compliance-Beauftragte wurde von der Intendantin persönlich eingestellt, sie sollte alle kontrollieren, nur nicht die Intendantin. Als die sendereigene Innenrevision die teure Sanierung der Chefetage moniert hat, wurde das offenbar ignoriert. Der Schaden, den das für die Glaubwürdigkeit des gesamten Öffentlich-Rechtlichen anrichtet, ist immens. Jedoch wirkt es nicht so, als hätten die, die ihn zu verantworten haben, das verstanden.

Auffallende Stille

Die Chefs der anderen Sender sind derweil auffallend still. Es ließe sich sicher so einiges finden, würde man in ihren Häusern genauso gut hinschauen wie derzeit im rbb. Denn das Problem, dass die Kontrolle nicht ausreicht, gibt es auch dort. Die Gremien arbeiten ehrenamtlich, wenn sie Missstände in die Öffentlichkeit kommunizieren wollten, müssten sie das über die Pressestellen der Sender tun. In den Verwaltungsräten, die anspruchsvolle buchhalterische Aufgaben erfüllen sollen, fehlt häufig der Sachverstand.

Ändern könnten das Politiker*innen. Der Medienstaatsvertrag von 2020 hat den Aufsichtsgremien schon mehr Kompetenzen gegeben, sie müssen sie auch nutzen. Noch mehr Freiheiten könnten ihnen die Landtage zubilligen. Sie schreiben die Rundfunkstaatsverträge. Nur, so leicht wie das klingt, ist das nicht. Denn der Öffentlich-Rechtliche soll gleichzeitig staatsfern sein, jede Vorgabe aus der Politik muss dem Verdacht widerstehen, in die Pressefreiheit einzugreifen. Aber versucht werden muss es, trotz der Schwierigkeiten. Gerade jetzt.

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Anne Fromm
Reporterin
Ressortleiterin Reportage & Recherche und Vorständin der taz. // Berichtet vor allem über sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch, Rechtsextremismus und Desinformation. // Davor war sie Medienredakteurin im Gesellschaftsressort taz2. // Erreichbar über Threema: 9F3RAM48 und PGP-Key: 0x7DF4A8756B342300, Fingerabdruck: DB46 B198 819C 8D01 B290 DDEA 7DF4 A875 6B34 2300
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10 Kommentare

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  • Ja, es waren Mitarbeiter der rechten Springerpresse die diese Treibjagd auf Patricia Schlesinger begonnen haben.



    Schon allein das sollte allen klar machen das es hier nur darum geht eine starke Frau die es wagt das gleiche Gehalt wie männliche Intendanten zu fordern vernichtet werden soll.

  • Der Zwangsbeitrag ist gleichbedeutend mit Machtmonopol ist der Anfang des ganzen Übels.



    Denn Monopole führen immer zu Machtmißbrauch.



    Das beste Beispiel dafür ist das ehemalige theologische und dadurch moralische, Monopol, der katholischen Kirche.



    Seit 30 Jahren ein Skandal nach dem Nächsten!



    Genau dasselbe wird bei dem öffentlichen Rindfunk geschehen!!

  • Die besorgen das Geld:



    "2015 zog er von 44,661 Millionen Konten über 8,1 Milliarden Euro ein...Er tätigte rund 25,5 Millionen Mahnmaßnahmen... und rund 720.000 Zwangsvollstreckungen..." "...erzeugte dabei eigene Kosten von 176 Millionen Euro..."



    Zitate Wikipedia: "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice"



    Mich würde mal interessieren, was manfrau in dem Laden so in der Chefetage verdient.



    Siehe auch "Autopoiesis".

  • Nein, Frau Fromm, es braucht keine politischen Vorgaben, sondern weniger unternehmerische Effizienzoptomierung und mehr Diversität in Leitungsfunktionen und Aufsichtsgremien

    • @ABG76:

      Wir erinnern uns noch an Frau v.d. Leyen, an die Maskendeals an an an..... MANN! FRAU! es ist das SYSTEM das den Mächtigen vormacht es sei schon in ordnung hinzulangen- sonst wäre es ja verboten oder "Da WÜRDE die Überwachung" greifen etc. pp. Fürs unrechte Handeln findet JEDER eine Entschuldigung! PS: Je mehr Kontrolle, desto mehr such die Menschen nach Lücken und langen, wenn es ein gibt, umso kräftiger hin.

    • @ABG76:

      Sie meinen, das müsse Herr Merz nur mal richtig durchprivatisieren , dann wird alles besser?

    • @ABG76:

      Noch weniger unternehmerische Effizienzoptimierung?



      Damit die nächste Intendantin sich noch besser selbst bedienen kann?

      Noch mehr Diversität, damit die Dienstwagen sowie dubiose Beraterverträge und Boni nach ethnischem und sexuellidentitärem Proporz verteilt werden?

      Bitte nicht.

      Dabei sprechen Sie ein Thema an, das mir auch schon durch den Kiopf ging.

      Wäre Frau Schlesinger Herr Schlesinger, hätten wir mit Sicherheit Artikel über alte weiße Männer und toxische Männlichkeit gelesen.

      Dann wäre die Forderung gekommen, doch endlich mal eine Frau ranzuassen.

    • @ABG76:

      Das sehe ich auch so.

      • RS
        Ria Sauter
        @willifit:

        Zustimmung!

  • rbb-Rechercheteam

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