Krise bei Werder Bremen: Das war Skripnix
Den Pokalauftakt und drei Bundesligaspiele verloren: Werder Bremen hat gehandelt. Trainer Skripnik und seine Assistenten sind beurlaubt.
Das ahnten auch die Anhänger, die ganz nah an das Klub-Vehikel des Tabellenletzten heranrückten und riefen: „Auf geht’s, ihr Bremer – aber ohne Viktor.“ Ihre Weissagung war angesichts der Art und Weise, wie sich die Norddeutschen beim 1:4 von den Gladbachern hatten zerpflücken lassen, allerdings nicht sehr gewagt.
Auf der Busfahrt vom Niederrhein nach Bremen gingen die Verantwortlichen noch mal in sich – und als das Gefährt um 1.41 Uhr am Weserstadion vorfuhr, war Cheftrainer Viktor Skripnik bereits entlassen. „Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen – aber wir mussten handeln, um nicht eine noch schlechtere Ausgangsposition zu haben“, erklärte Frank Baumann am späten Sonntagvormittag in einer Medienrunde. Und von der nächtlichen Beratung mit Skripnik auf der Autobahn berichtete der Manager: „Er hätte weitergekämpft. Viktor war sehr enttäuscht.“
Im ausverkauften Borussia-Park war der 46-jährige Fußballlehrer aber vor allem beängstigend apathisch. Fast über die gesamte Partie hinweg stand der Mann aus der Ukraine wie versteinert in seiner Coaching Zone, brachte zwischendurch nur ein paar müde Handbewegungen in Richtung seiner Spieler zustande.
Auch diese emotionale Dürre dürfte die Werder-Chefs zu Skripniks Beurlaubung bewogen haben. Ihre Sachen packen mussten zudem dessen Assistenten Torsten Frings und Florian Kohfeldt – speziell die beiden Letzteren dürften aber einen Anschlussjob beim Liga-Schlusslicht erhalten.
23 Monate Vorturner-Tätigkeit
In der Profiabteilung jedoch soll nun schnell ein frischer Wind wehen. Bei der vierten Pleite im vierten Pflichtspiel der Saison jedenfalls klappte vor allem in der ersten Halbzeit rein gar nichts. Nach einer unglaublichen Anhäufung dilettantischer Abwehrfehler lag Bremen zur Pause bereits hoffnungslos zurück. „Wir konnten froh sein, dass es nur vier Tore waren“, hielt Zlatko Junuzovic wahrheitsgemäß fest. Bei seinen Ausführungen rutschten dem Österreicher Ausdrücke wie „Katastrophe“ und „peinlich“ über die Lippen. Und womöglich meinte er damit auch die Maßnahme des Trainers, ihn, den gelernten Mittelfeldspieler, in den ersten 45 Minuten in die Sturmspitze zu beordern.
Diese taktische Maßnahme revidierte Skripnik in der Halbzeit. Zudem ließ er Florian Grillitsch nun wieder auf der Sechser-Position spielen, wo Junuzovics Landsmann bereits in der Vorsaison am besten aufgehoben war. Mit Aron Johansson brachte er jetzt, wo es zu spät war, auch einen echten Angreifer ins Spiel. Serge Gnabry steuerte zudem einen wunderschönen Treffer zum 1:4 bei – an der nächsten Niederlage und am Schicksal des Trainerteams vermochte all das aber nichts mehr zu ändern.
Nach 23 Monaten Vorturner-Tätigkeit in der Hansestadt waren die Uhren abgelaufen für Skripnik. „Wir haben uns zu diesem Schritt entschlossen, weil uns nach der Leistung in Gladbach die Überzeugung fehlte, dass es in der bestehenden Konstellation möglich ist, zeitnah eine Wende zum Positiven herbeizuführen“, erläuterte Manager Baumann.
Am Montagmittag wird nun erst einmal Alexander Nouri als Übergangscoach vorgestellt, der bisherige Coach der Bremer U23 wird seine taktischen Überlegungen zumindest bei den Heimspielen gegen Mainz (Mittwoch) und Wolfsburg (Samstag) einbringen dürfen. Für die Aufgabe, den festgefahrenen Karren mittelfristig wieder aus dem Morast zu ziehen, haben die Hanseaten bereits ein klares Anforderungsprofil entworfen.
„Der neue Mann soll einer sein, der eine eigene Spielphilosophie hat, der einer Mannschaft seine Handschrift geben kann und der schon etwas vorzuweisen hat“, zählt Frank Baumann die wichtigsten Einstellungskriterien auf. Aussichtsreiche Kandidaten bei der anstehenden Suche sollen angeblich Jos Luhukay, André Breitenreiter und Markus Gisdol sein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!