Krimiserie „Queenstown Murders“: Wenn die Landschaft zur Mordwaffe wird
Die Minikrimiserie „Queenstown Murders“ spielt im irisch anmutenden Neuseeland. Die Fälle und der Ort sind hier eng miteinander verbunden.
Grüngraubraune Gebirgslandschaft, hohes Gras, durch das der weiche Wind weht, irgendwo hinten ein See, überwölbt von einem weiten Himmel. Vor allem ist es menschenleer. Wirklich verblüffend, wie sehr Neuseeland aussieht wie Irland. Zumindest, wenn man diese Gegenden nur aus Film und Fernsehen und „Herr der Ringe“-Filmvermarktung kennt.
Wie gut, dass Detective Sergeant Anaís Mallory (Chelsie Preston-Crayford) so oft hier durchfährt, häufig anhält mitten auf der Straße – ist ja keiner unterwegs –, aus dem klapprigen roten Jeep steigt und mit Wollmütze und Daunenjacke in stabilen Schuhen in der Landschaft herumsteht. Und wie gut, dass die Regie Mallory dafür viel Zeit lässt. Der ganze Look der vierteiligen ersten Staffel von „Queenstown Murders“ wirkt so entspannt. Daran ändert auch der seltsam amüsiert klingende Wildwesthauptsong nichts.
Auch wegen der Atmosphäre wirkt diese neuseeländische Minikrimiserie (übrigens eine Koproduktion mit Real Film Berlin), die das ZDF sonntags ausstrahlt, so erfrischend, auch wenn der Plot selbst kein Novum ist, sondern längst ein eigenes TV-Krimigenre: Ermittlerin verlässt aus Gründen – meist irgendein Skandal, hier nicht weiter benannt – ihren eigentlichen Job in einer anderen Stadt, suspendiert oder gleich gefeuert, kehrt zurück nach Hause, wo auch nicht alle begeistert sind, sie zu sehen. Ermittelt dort weiter. Meist flankiert von unaufgearbeiteten Ereignissen, in die Familie und alte Bekannte verstrickt sind.
Die Serie heißt im Original „A Remarkable Place to Die“. Im Vergleich dazu holpert der deutsche Titel „Queenstown Murders – Zum Sterben schön“ wie mit Karacho über unbefestigten Straßenrand. Und ignoriert den Kern.
Ja, die Landschaft ist schön, die Menschen und ihre Häuser auch. Aber die Fälle sind allesamt ortsspezifisch, eben „bemerkenswert“: Die Morde sind in die Abgründe eingeschrieben – die Landschaft wird zur Mordwaffe. Wie, das zeigt schon diese erste Folge. Ein Auto kippt über einen Berghang, überschlägt sich und überschlägt sich und überschlägt sich, alles in Slow Motion, vor lauter Staub sieht man den Fahrer kaum.
Mit Sicherheit Mord
Nur: Mord! So viel ist schnell klar an Mallorys erstem Arbeitstag, die am Tag zuvor aus Sydney angereist war (wieso es so leicht zu sein scheint, Mordkommissionskarrieren zwischen Australien und Neuseeland zu wechseln, bleibt offen). Sie kommt in ein Team aus alten Freundschaften, neuen Konkurrenzkämpfen, dazwischen ihr unangenehmer Ex-Verlobter. Die Episoden-Mordfälle sind angenehm verzwickt, ihre Aufklärung charmant hemdsärmlig.
Was das Drehbuchduo Philly de Lacey und John Banas ausspinnt, geht über das Ein-Mord-pro-Episode-Muster hinaus. Das macht die Serie sehenswert. Spannend ist die Story, die sich wie ein roter Faden durchzieht: Mallory ermittelt parallel in eigener Sache. Weil zwei Jahre zuvor schon mal ein Auto über einen Hang raste – mit ihrer Schwester am Steuer. Weil davor ihr Vater ermordet wurde. Und weil sie über Dinge stolpert, die alles neu in Bewegung setzen.
Wer sich vom linearen Fernsehen längst verabschiedet hat wie das ZDF selbst: Die vier Episoden in der Länge einer „Tatort“-Folge stehen schon komplett in der ZDF-Mediathek. Übrigens frisch bestätigt: Die zweite Staffel ist schon vereinbart.
„Queenstown Murders“, sonntags, seit 11. Mai, 22.15 Uhr, ZDF
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