Kriminelle Geschäftsleute aus Nigeria: Schlechter Ruf aus guten Gründen
Nigerias Geschäftsleute gelten in afrikanischen Ländern als unehrlich, wenn nicht als kriminell. Das kommt nicht von ungefähr.
„Unser Image ist schlecht“, sagt Yakubu Okeke Enyeama, ein nigerianischer Geschäftsmann in Kenia. „Nigerianische Verbrecher sind sehr engagiert und fügen ihren Opfern immer Schaden zu. Das beeinflusst, wie die Leute uns sehen“. Im benachbarten Uganda stimmt der Nigerianer Ikechukwu Victor Odegbami zu: „Nigerianer sind die größten Verbrecher in Afrika. Das liegt an ihrem unersättlichen Erfolgshunger.“
Die meiste kriminelle Energie von Nigerianern in Afrika fließt derzeit in Kirchen. In Tansania wurde der nigerianische Pastor Chukwudi Okechukwu von der „Lord Chosen Church of Nigeria“ zu 30 Jahren verurteilt: Er hatte Kokain im Wert von umgerechnet knapp 30 Millionen Euro geschmuggelt. Ein nigerianischer Prediger in Kenia wurde zum Skandalobjekt im Radio, nachdem er als Methode der Wunderheilung und der göttlichen Rettung begann, seinen weiblichen Anhängern die Brüste zu saugen. Seine Kirche heißt „Breasts and Honey New International Church“.
Nigerianer mit echtem unternehmerischen Erfolg in Afrika sind empört über solche Albernheiten ihrer Landsleute – und vermissen Anstrengungen ihrer Regierung, den Ruf ihres Landes im Ausland zu korrigieren. Kingsley Ibokett, der nigerianische Besitzer der Druckerei „Raptor Printing Press“ im südafrikanischen Johannesburg, sagt: „Ich bin enttäuscht über die nigerianischen Botschaften, die keinerlei Werbung für Nigerianer machen, die es außerhalb ihres Landes zu etwas bringen.“
Nigerianer können in jedem Umfeld überleben
Dabei ist Afrikas reichster Unternehmer, Aliko Dangote, ein Nigerianer. Der Nigerianer Akinwumi Adesina leitet die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), die führende Finanzinstitution des Kontinents, und der Nigerianer Arunma Oteh ist Vizepräsident der Weltbank. Kein Land Afrikas schickt mehr Ärzte in die USA oder auch nach Südafrika als Nigeria – sie sind ausgewandert, weil sie im Ausland bessere Chancen sehen.
Der Erfolg vieler Auslandsnigerianer ist kein Zufall, analysiert Ibokett. „Nigeria hat aus guten Gründen einen schlechten Ruf. Deswegen müssen sich Nigerianer doppelt anstrengen, um es im Geschäftsleben oder im Studium im Ausland zu etwas zu bringen. Negative Geschichten über einen kleinen Bruchteil von Nigerianern verbreiten sich schneller als positive Geschichten über die Mehrheit.“
Ikechukwu Victor Odegbami
Abbey Adenigba, ein nigerianischer Immobilienmogul mit Besitztümern in Südafrika und Europa und nebenbei einer eigenen Kirche, ist davon überzeugt, dass das schlechte Image der Nigerianer aus einem „Minderwertigkeitskomplex“ vieler anderer Afrikaner herrührt. „Die meisten Nigerianer haben Unternehmergeist. Sie wollen keine Angestellten sein, sondern ihre eigenen Geschäfte machen. Sie können in jedem Umfeld überleben“.
Es gibt ein gigantisches Potential
Er gesteht ein, dass dies manche Nigerianer auch in die Kriminalität lockt. „Manche mit zu viel Intelligenz und zu wenig Haltung werden überschlau und unethisch. Dann geraten sie außer Kontrolle. Die Einheimischen der Länder, wo diese Nigerianer aktiv sind, hassen dann alle von uns – auch wenn sie uns eigentlich bewundern, weil wir ihnen vormachen, wie man unter schwierigen Umständen seine Familie ernährt.“
Für Adenigba liegt die Lösung in mehr Zusammenhalt zwischen Afrikanern über die Landesgrenzen hinweg. „Afrika hat ein gigantisches Potential. Wenn die Minderheit von Verbrechern ihre Energie produktiv und verantwortlich einsetzt, werden wir Wohlstand haben. Dafür sollten wir uns einsetzen.“ Außerdem sollten afrikanische Regierungen mehr gegen die Kriminalität tun, für die man zwar Auslandsnigerianer verantwortlich macht, die aber weitgehend straflos bleibt. „Drogenschmuggel zum Beispiel ist nicht auf ein einziges Land beschränkt. Alle Handelsrouten müssen offen gelegt werden. Die Regierungen sollten sowohl die Verbrecher als auch ihre Komplizen verfolgen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius wird nicht SPD-Kanzlerkandidat
Boris Pistorius wählt Olaf Scholz
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen