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Kriegsverbrecherprozess im KongoWarlord hinter Gitter

Der berüchtigte Milizenchef Sheka im Ostkongo muss lebenslang in Haft. Der Prozess wegen seiner Verbrechen dauerte zwei Jahre.

Im Dorf Luvungi fanden 2010 Massenvergewaltigung statt Foto: Yannick Tylle/dpa

Berlin taz | Der bisher größte Prozess in der Demokratischen Republik Kongo wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist am Montag mit hohen Strafmaßen zu Ende gegangen. Ein Militärgericht im ostkongolesischen Goma verurteilte Ntabo Ntaberi „Sheka“, langjähriger Führer der Miliz NDC (Nduma Défense du Congo), zu lebenslanger Haft wegen Mordes, Vergewaltigung und Versklavung.

Der Prozess hatte zwei Jahre gedauert. Es ging um zahlreiche Massaker und vor allem um eine Massenvergewaltigung im Dorf Luvungi und Nachbardörfern zwischen dem 30. Juli und dem 2. August 2010. Laut Anklage wurden 380 Frauen teils wiederholt vergewaltigt.

Sheka wurde der Planung der Massenvergewaltigung bezichtigt, die seine NDC gemeinsam mit der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) verübte.

Vor Ort leitete FDLR-Hauptmann Séraphin Nzitonda „Lionceau“ die Operation. Ebenfalls in Goma angeklagt, wurde er zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

Erst Mineralienhändler, dann Milizenchef

Sheka hatte als Mineralienhändler die NDC 2007-08 gegründet, um die Schürfer seines Nyanga-Volkes in den Zinnminen von Bisie, deren Produktion er über eine Kooperative vertrieb, vor den staatlich anerkannten Minenbesitzern und deren Tutsi-Geschäftspartnern in Goma zu schützen. Diesen schuldete er überdies Geld.

Wegen der gemeinsamen Tutsi-Feindschaft kämpfte seine Miliz gemeinsam mit den ruandischen Hutu der FDLR. 2014 verlor Sheka die NDC-Führung, 2017 stellte er sich der UN-Mission im Kongo.

Lionceau wurde seit 2013 im Kongo mit Haftbefehl gesucht und 2015 verhaftet, nachdem er einen FDLR-Angriff auf den Ort Mweso geleitet hatte.

Der Prozess gegen Sheka gilt als Meilenstein in der Aufarbeitung des Kriegsgeschehens im Ostkongo in den vergangenen 25 Jahren. Elf Opferzeugen sagten vor Gericht aus – darunter zwei Überlebende einer Vergewaltigung und sechs ehemalige Kindersoldaten.

Hunderte weitere konnten nicht nach Goma reisen und aussagen, weil sie bedroht wurden. In der Urwaldregion Walikale operiert die NDC bis heute.

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