Krieg in der Ukraine: Eine höllische Nacht
Die schwersten russischen Luftangriffe seit Monaten treffen Ziele im ganzen Land, sogar weit im Westen. Ein Anruf von Scholz sorgt für scharfe Kritik.
![Ein Mann trägt sein Hab und Gut aus einem zertrümmerten Haus Ein Mann trägt sein Hab und Gut aus einem zertrümmerten Haus](https://taz.de/picture/7359630/14/0745-1.jpeg)
Das russische Verteidigungsministerium bestätigte, man habe „wesentliche Energie-Infrastruktur, die den ukrainischen militärisch-industriellen Komplex unterstützt“, angegriffen. Alle Ziele seien getroffen worden. Durch die Angriffe wurde in der Ukraine nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj bereits die Hälfte der Kapazitäten zur Energieproduktion zerstört. Nach ukrainischen Angaben feuerte Russland insgesamt 120 Raketen und 90 Drohnen auf das Land ab. Die ukrainische Abwehr habe 102 der Raketen und 42 der Drohnen abgeschossen. Auch F16-Kampfjets kamen auf ukrainischer Seite zum Einsatz.
Die Angriffswelle erfolgte wenige Tage nach dem ersten Anruf des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz beim russischen Präsidenten Wladimir Putin seit zwei Jahren. Das Telefonat am Freitag, in dem Scholz Putin zum Rückzug seiner Truppen aus der Ukraine aufgefordert haben soll, war auf scharfe Kritik gestoßen. Präsident Selenskyj hatte gesagt, Scholz habe ihn zwar vorab über das Telefonat informiert, aber mit dem Anruf „die Büchse der Pandora“ geöffnet, indem er die westliche Isolation Putins durchbrochen habe. „Das ist genau, was Putin seit Langem anstrebt. Es ist für ihn von kritischer Bedeutung, seine und Russlands Isolation zu schwächen und Gespräche zu führen, die zu nichts führen.“ In einem Interview führte Selenskyj am Samstag aus, die Ukraine müsse im kommenden Jahr „alles tun, um den Krieg mit diplomatischen Mitteln zu beenden“. Dafür sei eine Aufrechterhaltung der westlichen Unterstützung nötig.
Donald Tusk, Ministerpräsident Polens
Die massiven russischen Angriffe seien die „wahre Antwort“ Putins auf die westliche Telefondiplomatie, erklärte am Sonntag das ukrainische Außenministerium. Polens Ministerpräsident Donald Tusk zog ebenfalls diese Verbindung: „Niemand wird Putin mit Telefonaten aufhalten. Der Angriff der vergangenen Nacht, einer der größten dieses Krieges, hat bewiesen, dass Telefondiplomatie die reale Unterstützung der Ukraine durch den gesamten Westen nicht ersetzen kann“, sagte er. „Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, nicht nur für den Krieg, sondern für unsere Zukunft.“
Polen hält sich bereit, auf eine mögliche Ausweitung der russischen Angriffe zu reagieren. „Einsätze von polnischen und von alliierten Flugzeugen in unserem Luftraum haben begonnen“, erklärte die polnische Armee am Sonntagmorgen. Zudem seien „alle nötigen Kräfte“ zur Verteidigung des eigenen Staatsterritoriums mobilisiert worden. Grund seien „massive“ russische Angriffe unter anderem auf die Westukraine „mit Marschflugkörpern, ballistischen Raketen und Drohnen“. Bombardiert wurde sogar das westukrainische Transkarpatien an der Grenze zu Ungarn.
An der Kriegsfront im Osten der Ukraine setzt Russland derweil seine Vorstöße fort. Russische Einheiten sind nach der Stadt Torezk auch in das Zentrum der Stadt Tschassiw Jar vorgerückt, bestätigte das US-amerikanische Institute for the Study of War am Wochenende. (mit afp, rtr)
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