Krieg in der Ukraine: Aus für die Zesar Kunikow
Der ukrainischen Armee ist es mit Hilfe von Seedrohnen gelungen, erneut ein russisches Kriegsschiff im Schwarzen Meer zu versenken. Moskau schweigt.

Die Hauptdirektion des beim ukrainischen Verteidigungsministerium angesiedelten Geheimdienstes (GUR) veröffentlichte ein Video. Dieses zeigt ein Schiff, das von seiner Silhouette her einem größeren Landungsschiff wie der „Zesar Kunikow“ ähnelt. Darauf folgen Bilder einer Explosion. Am Ende ist zu sehen, wie das Schiff zur Seite kippt und langsam zu sinken beginnt.
Laut offiziellen Angaben besteht die Besatzung der „Zesar Kunikow“ aus 87 Personen. Der Telegram-Kanal „Krim-Wind“ berichtet unter Verweis auf Augenzeug*innen, dass verletzte und getötete Matrosen nach den Angriffen mit speziellen Bussen nach Sewastopol gebracht worden seien. Dem Kanal „Dwa maijora (Zwei Majore) eines russischen Militärbloggers hingegen ist zu entnehmen, dass alle Besatzungsmitglieder am Leben seien.
Die Behörden der Krim sowie offizielle Stellen der Stadtverwaltung von Sewastopol kommentierten den Vorfall nicht. Ähnlich wortkarg war auch Kremlsprecher Dmitri Peskow. Journalist*innen verwies er an das russische Verteidigungsministerium, er selber könne nichts dazu sagen. Doch auch das Ministerium hüllte sich in Schweigen. Lediglich am Morgen erfolgte ein dürres Statement, wonach sechs Drohnen über dem Schwarzen Meer abgefangen worden seien.
Schwerer Verlust
Sollte die „Zesar Kunikow“– sie und das Schiff „Nowotscherkassk“ waren bereits im Frühjahr 2022 bei einem ukrainischen Angriff auf die Stadt Berdjansk am Asowschen Meer schwer beschädigt worden – tatsächlich außer Gefecht gesetzt worden sein, wäre das ein weiterer schwerer Verlust für die Schwarzmeerflotte und beileibe nicht der erste.
Das Raketenschiff „Iwanowets“ war im Februar 2022 bei einem Drohnenangriff vor der Krim komplett zerstört worden. Im Mai 2023 wurde das russische Aufklärungsschiff „Iwan Churs“ getroffen, drei Monate später erwischte es das Patrouillenboot „Sergei Kotow.“ Die aus Kyjiwer Sicht erfolgreichen Militärschläge zwangen Moskau, einen Teil der Schwarzmeerflotte in den Hafen von Noworossijsk zu verlegen.
Das Schicksal der „Zesar Kunikow“ beschäftigte am Mittwoch auch andere russische Blogger. So schreibt der „Kriegsbeobachter“, das Schiff sei am 14. Februar 2024 „gestorben“, dem Todestag seines Namensgebers, des Offiziers und Helden der Sowjetunion Zesar Kunikow. Der Blogger sparte auch nicht mit Kritik am Kommando der Schwarzmeerflotte. Die Schiffe der Flotte verfügten noch immer über „keine der Bedrohung angemessenen Mittel zur Abwehr.“
Laut Pawel Aksjonow, Militär-Korrespondent des russischsprachigen Dienstes der BBC, habe der Abschuss der „Zesar Kunikow“ keinen unmittelbaren Einfluss auf den Kriegsverlauf. Sie hätte ohnehin keine Marschflugkörper auf Ziele am Boden oder andere Schiffe abfeuern können. Aber Schiffe dieser Art seien wichtig für den Transport militärischer Güter. Diese Möglichkeiten seien jetzt durch den Abschuss weiter eingeschränkt.
Noch größere Angst
Aksjonow weist auf einen weiteren Aspekt hin. Die Schwarzmeerflotte habe bereits ihre Aktivitäten auf hoher See reduziert, ein erheblicher Teil der Schiffe sei schon verlegt worden. Mit dem Untergang eines weiteren Schiffes würden die Ängste des russischen Kommandos nur noch größer.
Für den westukrainischen Journalisten Danylo (seinen Nachnamen möchte er nicht nennen) hat der Mittwoch gut angefangen. „Der Morgenkaffee hat mir besonders gut geschmeckt“, sagt er unter Verweis auf die jüngsten Ereignisse im Schwarzen Meer. „Eigentlich hätte ich zum Frühstück etwas Stärkeres trinken müssen, doch das hebe ich mir für den Abend auf.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!