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Krieg in der UkraineSchwarzer Tag für Schwarzmeerflotte

Die Ukraine greift erneut die Krim an und setzt das Schiff „Nowotscherkask“ außer Gefecht. Es ist nicht der erste erfolgreiche Angriff dieser Art.

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben das russische Kriegsschiff „Nowotscherkassk“ auf der Krim zerstört. (Archivfoto, 2021) Foto: Mihalchevskiy/SNA/imago

Berlin taz | „Die russische Flotte wird kleiner. […] Vielen Dank an die Piloten der Luftwaffe und an alle anderen Beteiligten für ihre filigrane Arbeit“, schrieb der Kommandeur der ukrainischen Luftstreitkräfte, Nikolai Oleschtschuk, am Dienstag auf dem Telegram-Kanal Astra. Den russischen Truppen gab er dann noch folgenden Ratschlag: „Zieht eure Hosen an und verlasst unsere Krim, bevor es zu spät ist.“

Mit seinen Äußerungen kommentierte Oleschtschuk das Ergebnis ukrainischer Luftangriffe auf die Krim am frühen Dienstagmorgen. Dabei soll das Landungsschiff „Nowotscherkask“, das zur russischen Schwarzmeerflotte gehört, im Hafen der Stadt Feodossija im Osten der 2014 von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel zerstört worden sein.

Am Dienstag kursierten auf ukrainischen Webseiten, wie dem Portal focus.ua, Fotos von den Überresten der „Nowotscherkask“, die zu einem U-Boot mutiert ist. Aus dem Wasser ragen nur noch einige Stahlkonstruktionen heraus.

Zuvor hatte bereits das russische Verteidigungsministerium den Vorfall bestätigt. In der Nacht zu Dienstag sei die „Nowotscherkask“ beschädigt worden, als versucht worden sei, einen Angriff der ukrainischen Streitkräfte mit Flugzeuglenkraketen auf den Stützpunkt Feodossija abzuwehren. Dabei seien zwei ukrainische Flugzeuge vom Typ SU-24 abgeschossen worden, heißt es in einer Erklärung. Diese Information wurde von Kyjiwer Seite bislang nicht bestätigt. Die ukrainische Seite meldete ihrerseits den Abschuss mehrerer russischer Kampfjets in der Region Cherson, was Russland wiederum nicht bestätigt.

Drei Beerdigungen

Auch der von Russland eingesetzte Gouverneur der Krim, Sergej Aksjonow, meldete sich auf Telegram zu Wort. Bei den Angriffen in der Nacht zu Dienstag seien ein Mensch getötet sowie zwei weitere Personen verletzt worden. Zudem seien mehrere Gebäude beschädigt worden, deren Be­woh­ne­r*in­nen hätten evakuiert werden müssen.

Die „Nowotscherkask“, auf der Danziger Werft gebaut und 1987 in Betrieb genommen, war nicht zum ersten Mal Ziel von Angriffen. Am 24. März 2022 geriet das Kriegsschiff im Hafen der von russischen Truppen besetzten Stadt Berdjansk im Gebiet Saporischschja unter Beschuss. Die Behörden der Krim meldeten kurz darauf die Beerdigung von drei Matrosen der Besatzung der „Nowotscherkask“. Einen Monat später versenkten ukrainische Truppen mit Neptun-Raketen den Kreuzer „Moskwa“, das Prestigeobjekt der Schwarzmeerflotte. Die Zahl der dabei getöteten russischen Matrosen ist bis heute nicht bekannt.

Seitdem kommt es immer wieder zu ukrainischen Angriffen auf russische Militäreinrichtungen auf der Krim. Im September wurde der russische Flottenstab in der Hafenstadt Sewastopol getroffen. Dabei wurden ein weiteres Landungsschiff sowie ein U-Boot außer Gefecht gesetzt. Anfang November kam es zu einem Raketenangriff auf eine Werft in Kertsch, bei dem ein Kriegsschiff beschädigt wurde. Mittlerweile hat Moskau einen Teil seiner Schwarzmeerflotte zurückgezogen beziehungsweise verlegt.

Unterdessen wurden Details zu den geplanten Änderungen von Bestimmungen zur Mobilmachung in der Ukraine bekannt. Seit wenigen Tagen liegen dem ukrainischen Parlament entsprechender Gesetzentwürfe vor. So wird das Alter für eine Einberufung von 27 auf 25 Jahre gesenkt. Nach spätestens sechs Monaten Kampfeinsatz müssen die Soldaten ausgewechselt werden, um sich erholen zu können. Die Zeitspanne der Regeneration darf nicht kürzer als zwei Monate sein.

Bis zu drei Jahre Haft

Der Gesetzentwurf sieht auch Strafen für das Nichterscheinen beim Wehrmelde- und Einberufungsamt vor. In diesem Fall kann es Verweigerern beispielsweise untersagt werden, ins Ausland zu reisen. Auch das Recht, ein Auto zu führen oder einen Führerschein zu erwerben, kann eingeschränkt werden. Wer sich im Zuge einer Mobilmachung dem Armeedienst entzieht, muss mit Sanktionen rechnen – darunter Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

In der vergangenen Woche hatte sich Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seiner Jahrespressekonferenz auch zu Fragen hinsichtlich einer Mobilmachung geäußert. Er war jedoch konkrete Antworten schuldig geblieben. Die Führung der ukrainischen Armee hatte kürzlich den Bedarf an zusätzlichen Soldaten mit 500.000 beziffert.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Frage an Radio Eriwan: ist es richtig, dass die ruhmreiche Schwarzmeerflotte vergrößert wurde?



    Antwort: Im Prinzip ja, es kam ein U-Boot hinzu.

    • @Paul_Verhoven:

      Frage an Radio Real: Welche Rolle spielen die Flotten in diesem Krieg?

      Antwort: Eine extrem geringe. Der Krieg wird an Land entschieden.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die Idee, die Schwarzmeerflotte spiele militärisch keine große Rolle, ist falsch.

        Zum einen spielt diese eine Rolle beim Transport von Rüstungsgütern auf die besetzte Krim.

        Zum anderen nutzt Russland die Schwarzmeerflotte für Angriffe und auch für die strategische



        Luftverteidigung - zumindest solange noch etwas da ist, was schwimmt.

        Schließlich und endlich blockiert die Schwarzmeerflotte auch ukrainische Häfen und verhindert so den Getreideexport und die Anlandung von Truppen auf der Krim, im Rücken der russischen Streitkräfte.

        • @Karl Murks:

          Das sind alles Nebenaktionen. Die Musik spiel an Land.

          "Zum anderen nutzt Russland die Schwarzmeerflotte für Angriffe und auch für die strategische"

          Wohl kaum mit einem Landungsschiff.

          Die Raketenangriffe kann übrigens auch schon die Kaspiflottille übernehmen. Hat sie auch schon. Und wenn man es wirklich "strategisch" will, kann auch die Pazifikflotte mitmischen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Da verkennen sie die Lage.

        Russland versucht, die Ukraine von den Seewegen abzuschneiden, denn das ist eine wichtige Exportroute für Getreide und damit kritisch für die ukrainische Wirtschaft. Solange Odessa nicht genommen ist, wird das ohne Flotte schwierig.



        Zudem wirkt die Schwarzmeerflotte bei der Bombardierung des ukrainischen Hinterlandes mit. Desweiteren ist die Schwarzmeerflotte für Russland strategisches Instrument für die Beherrschung des schwarzen Meeres und damit über die geplante Vernichtung der Ukraine hinaus.

        Jetzt ist so ein Landungsschiff zwar für Blockaden nicht das Mittel der Wahl und die Schwarzmeerflotte hat sich nach Verlusten auch aus den entsprechenden Seebereichen zurückgezogen, aber da die Landverbindung zur Krim über die besetzten Teile der Ukraine schwierig ist (Russland soll da neue Bahnverbindungen bauen die außer Reichweite von wenigstens einigen Wirkmitteln sind, sprich näher am Ufer)



        und die Kertschbrücke auch nur begrenzte Kapazität aufweist und durch wenige TAURUS rückgebaut werden kann spielen solche Schiffe eben doch eine wichtige Rolle. Das kann man auch daran ablesen, dass das Schiff mit reichlich Munition beladen gewesen und deswegen sehr heftig detoniert sein soll.

        • @metalhead86:

          "...etzt ist so ein Landungsschiff zwar für Blockaden nicht das Mittel der Wahl..."

          Eben. Ein zweitrangiges Ziel, das sich vor allem in den Medien gut macht. Hat die Ukraine so viele überflüssige Marschflugkörper?

          "...die Kertschbrücke ... durch wenige TAURUS rückgebaut werden kann..."

          Muss man wirklich nach fast 2 Jahren hartem, verlustreichem Krieg immer noch solche überheblichen Aussagen lesen?

          Spätestens nachdem sich herausgestellt hat, dass die voriges Jahr im diese Zeit gehypten westlichen Panzer einfach nur Panzer sind - nicht mehr und nicht weniger - sollte doch klar sein, dass westliche Waffen keine Wunder vollbringen.

          Überhaupt ist diese Fixierung auf die Krimbrücke unverständlich. Ja, sie ist prestigeträchtig. Aber sie ist auch ein Umweg. Der Nachschub für die russischen Truppen läuft längst hauptsächlich über die direkten Bahnlinien und Straßen nördlich des Asowschen Meeres. Und mit den Kämpfen im Donbass, wo z.Z. die wichtigsten Aktionen stattfinden, hat die Krimbrücke (und die Schwarzmeerflotte) überhaupt nichts zu tun.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die Erfolge der Ukraine im Schwarzmeer ermöglichen den Getreideexport. Damit sind solche Aktionen durchaus kriegsrelevamt.

        • @Peter Danziger:

          Der Export ist vor allem ein Politikum, weil sich Mangel weltweit auswirkt.

          Wie bedeutend ist er für die Finanzen der Ukraine?

          Im Rahmen der Schwarzmeer-Getreide-Initiative, also unter besseren Bedingungen als jetzt, hat die Ukraine ca. 33 Millionen Tonnen Nahrungsmittel ausgeführt. Der Weizenpreis liegt Pi * Daumen aktuell bei ca. 250$ die Tonne. Macht unter 10 Milliarden Einnahmen, nicht Gewinn.

          Dir ausländischen Hilfen summieren sich auf Dutzende Milliarden. Dem Gegenüber sind die ukrainischen Gewinne aus Getreideexport zwar ganz nett, fallen aber kaum ins Gewicht.

          Greift Russland mit U-Booten und Flugzeugen (nicht mit Landungsschiffen) Getreidefrachter an, ist der ökonomische Schaden für die Ukraine sehr überschaubar. Der Schaden für die politische Unterstützung, die Russland in vielen Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens hat, wäre dagegen enorm. Russland wird also drohen, aber kaum wirklich auf Getreidefrachter schießen.

  • Der Ukraine Viel Erfolg. Aber es ist offensichtlich dass ohne die Unterstützung der USA, die Ukraine mit dem Rücken an der Wand steht!

    • @Arjun G. G.:

      So,so. Was glauben Sie, wo Deutschland in einem solchen Fall stünde? Ist ja wohl irgendwie eine Binse, dass man Unterstützer braucht.

      Was meinen Sie, wo Russland demnächst steht, ohne Unterstützung von China?