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Krieg in der UkraineKämpfe im Donbass immer heftiger

Die Ukraine vermeldet russische Rekordverluste. Russland gelingen Erfolge bei Bachmut, der Ukraine bei Vuhledar.

Frische Gräber: Die Kämpfe im Donbass werden immer heftiger Foto: Libkos dpa AP

824 Tote und Verletzte am Tag – so hoch waren vergangene Woche nach britischen Angaben die russischen Verluste in der Ukraine, so viele wie seit der ersten Kriegswoche nicht mehr. „Mangel an trainierten Kräften und an Koordination“ wird als Grund angegeben. Die britischen Zahlen berufen sich auf offizielle ukrainische Angaben. Selbst wenn diese übertrieben sein sollten, bestätigt ihre Steigerung gegenüber früheren Angaben die deutliche Intensivierung des Kriegsgeschehens.

Am heftigsten umkämpft bleibt die Stadt Bachmut im Gebiet Donezk, seit August 2022 Ziel russischer Großoffensiven. Einheiten der privaten Söldnertruppe Wagner, die im Januar die Nachbarstadt Soledar einnahmen, stehen nun am nördlichen, östlichen und südlichen Rand von Bachmut und kämpfen sich von Haus zu Haus vor, wobei es immer wieder zu ukrainischen Gegenvorstößen kommt. Kein Haus in den Kampfgebieten ist mehr intakt.

Am Sonntag wurde die Einnahme des Dorfes Krasna Hora sechs Kilometer nördlich von Bachmut sowie ein Durchbruch in Richtung weiterer ukrainischer Stellungen an der Autobahn nördlich der Stadt vermeldet. Sollte das stimmen, bliebe den ukrainischen Truppen in Bachmut nur noch eine einzige sichere Straßenverbindung zur Außenwelt, nämlich die direkt nach Westen.

Auf einem Video, das am Sonntag die Runde machte, fordert ein maskierter ukrainischer Kämpfer mit wütenden Worten den Abzug aus Bachmut, bevor die Stadt ein „zweites Asowstal“ werde – das berühmte große Stahlwerk von Mariupol, wo im Frühsommer 2022 die letzten Verteidiger der ukrainischen Küstenstadt eingekesselt und in langen Kämpfen aufgerieben wurden. Am Sonntag verhängten die Stadtbehörden von Bachmut eine Zugangssperre für alle Zivilisten, einschließlich Helfer und Journalisten.

Offensive bei Vuhledar gescheitert

Weniger Erfolg hatte Russland am Wochenende am zweiten stark umkämpften Frontabschnitt bei der Kleinstadt Vuhledar 35 Kilometer südwestlich von Donezk, direkt nördlich von Mariupol. Zwei Wochen lang haben russische Truppen versucht, Vuhledar einzunehmen und damit eine wichtige Straßenverbindung zu kappen, die die verschiedenen ukrainischen Stellungen an der Front im Süden des Landes verbindet.

Übereinstimmenden Berichten zufolge ist diese Offensive am Wochenende zusammengebrochen, mit dem fast kompletten Verlust aller vier beteiligten russischen Brigaden. Auch der Kommandeur der beteiligten Spezialkräfte soll gefallen sein. Selbst russische Quellen verbreiten Videoaufnahmen einer komplett zerstörten russischen Panzerkolonne bei Vuhledar.

Zu seiner befürchteten großen Frühjahrsoffensive sei Russland möglicherweise gar nicht fähig, analysierte am Wochenende das Institute for the Study of War (ISW) in den USA. Russland konzentriere seine besten Truppen um Bachmut und mache anderswo grobe taktische Fehler. „Die Disparität zwischen den begrenzten, aber wichtigen russischen Vorstößen um Bachmut und dem Ausbleiben bedeutsamer Vorstöße anderswo in der Ukraine könnte Beobachtungen bestätigen, dass die russischen Kräfte nicht zu schnellen Vorstößen in der Lage sind“, schreibt ISW.

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2 Kommentare

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  • Das heißt also, die russischen Kräfte sind zunehmend nicht mehr in der Lage, das Kampfgeschehen fortzuführen. Da wir alle wissen, dass es keine Zukunft geben kann, in der Ukraine und Russland als Staaten koexistieren können (während der liberale Westen sehr optimistisch darauf hofft, dass Russland die dabei zerfallende Nation ist), gleichzeitig aber auch wissen, dass weder eine Atommacht, noch ein Staat der gerade hunderte Milliarden Militärhilfe bekommen hat geräuschlos und über Nacht verschwinden, befürchte ich jetzt bald welchen Rumms auch immer. Wenn Russland ein Ultimatum stellt, dass der Westen nicht erfüllen kann und dann eine taktische Nuklearwaffe einsetzt, sind plausible Antworten der westlichen Verbündeten darauf wohl entweder eine konventionelle Invasion des russischen Kernlandes oder der eigene Einsatz von Nuklearwaffen. Deshalb rate ich den Leser*innen dieses Kommentars einen Wasservorrat für mindestens 10 Tage anzulegen, mit jeweils 3 L pro Tag und Person, sowie Nahrungsmittel, und sich mit dem Verhalten in entsprechender Angriffsituation vertraut zu machen. Der Westen hofft schon ne ganze Weile nur noch aber hat wohl keinen eigenen Plan wohin. Die Medien erläutern nicht, wie drastisch diese Zäsur in der jüngeren Geschichte wirklich ist. Bereitet euch vor.

    • @BazaarOvBirds:

      "Da wir alle wissen, dass es keine Zukunft geben kann, in der Ukraine und Russland als Staaten koexistieren können."



      Natürlich müssen und können und werden sie das. Russland wird ja nicht verschwinden, nur weil es diesen Krieg verliert. IMO wird es noch nicht mal zerfallen.