Krieg in Syrien: Verbale Attacken und reale Bomben
Die USA fordern Russland auf, Syrien von willkürlichen Angriffen auf Aleppo abzubringen. Russland kritisiert die US-Unterstützung für Rebellen.
Auf Drängen der USA und Russlands war in der Nacht zum Samstag zwar in der Rebellenhochburg Ost-Ghuta östlich von Damaskus sowie in der Küstenprovinz Latakia eine zunächst für 24-Stunden vereinbarte Feuerpause in Kraft getreten, die später auf 48 Stunden verlängert wurde.
In der Provinz Aleppo hielten die heftigen Kämpfe der letzten Woche jedoch unvermindert an. Insbesondere die Angriffe der syrischen Luftwaffe forderten zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am Samstag ergriffen dutzende Menschen die Flucht aus den von Rebellen gehaltenen Stadtvierteln, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Andere Bewohner verschanzten sich in ihren Häusern.
Kerry forderte Russland am Samstag auf, die syrische Regierung vor allem von den „willkürlichen Luftangriffen in Aleppo“ abzubringen. Russland hatte solchen Forderungen bereits zuvor eine Absage erteilt. „Wir werden keinen Druck ausüben, denn die Situation in Aleppo ist Teil des Kampfes gegen die terroristische Bedrohung“, erklärte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow der Nachrichtenagentur Interfax.
Konstantin Kossatschjow
Der russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschjow erklärte, vor einer Waffenruhe im umkämpften Aleppo müsse der Westen in Syrien seine Unterstützung für bewaffnete Kräfte einstellen, die Präsident Baschar al-Assad stürzen wollen. „Dann wäre eine Feuerpause realistisch“, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses des Föderationsrats.
Zwischen den USA, ihren westlichen Verbündeten , Saudi-Arabien und der Türkei einerseits sowie Russland, Iran und der syrischen Regierung andererseits blieb bei der Aushandlung des „Friedensplans“ für Syrien Ende letzten Jahres die Rolle der beiden militärisch stärksten islamistischen Oppositonsmilizen „Armee des Islam“ und „Islamische Bewegung der freien Männer der Levante“ umstritten.
Washington betrachtet die beiden Gruppen, die auch das syrische Oppositionsbündnis bei den Genfer Gesprächen anführen, als „legitimen Teil“ der Opposition. Für Moskau sind die beiden Gruppen wegen ihrer engen ideologischen und operativen Verbindungen zum syrischen Al-Qaida-Ableger Al-Nusra-Front hingegen „Terroristen“, die – genauso wie al-Nusra selbst und die Milizen des „Islamischen Staats“ – weiter militärisch bekämpft werden dürfen.
Nach eigener Darstell ung der Regierungen in Damaskus und Moskau richten sich die Angriffe ihrer Luftwaffen ausschließlich gegen diese vier „terroristischen Gruppen“. Tatsächlich sind aber auch Angriffe gegen andere Oppositionsgruppen und gegen unbeteiligte Zivilisten sowie Krankenhäuser und andere zivile Einrichtungen dokumentiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin