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Krieg in SyrienUnterstützung von ganz oben

Die USA werfen Kleinwaffenmunition für arabische Rebellengruppen ab. Amnesty International wirft der Kurden-Partei PYD Kriegsverbrechen in Nordyrien vor.

Kämpfer der YPG zeigen sich siegreich in Aleppo, Syrien. Foto: ap

Washington/Damaskus ap/dpa | Das US-Militär hat im Norden Syriens Kleinwaffenmunition für arabische Gruppen abgeworfen, die gegen die Terrormiliz Islamischer Staat kämpfen. Die Aktion sei bereits am Sonntag erfolgt, sagte der Sprecher des für die Anti-IS-Kampagne zuständigen Militärkommandos in Bagdad, Steve Warren. Demnach wurde die Ladung von C-17-Transportmaschinen der US-Luftwaffe abgeworfen. Er sagte nicht, welche Gruppen die Munition erhalten sollten. Ihre Anführer seien jedoch überprüft worden und hätten im Norden Syriens gegen den IS gekämpft.

Das Vorgehen folgt der neuen US-Linie im Kampf gegen die Terrormiliz in Syrien. So hatte die Regierung von Präsident Barack Obama in der vergangenen Woche verkündet, Bemühungen um den Aufbau einer neuen syrischen Rebelleneinheit einzustellen. Stattdessen würden bestehende Rebellengruppen mit Ausrüstung – darunter Munition – versorgt, die auch das Ziel der USA verfolgen, den IS zu bezwingen.

Ein kurdischer Beamter aus der im Norden Syriens gelegenen Stadt Kobane sagte unterdessen, die USA hätten der wichtigsten Kurdenmiliz – der mit der PKK verbundenen Volksverteidigungseinheit YPG – 120 Tonnen Waffen und Munition zur Verfügung gestellt. Er wisse aber nicht, ob diese Ausrüstung auf dem Land- oder Luftweg angekommen sei, sagte der Beamte Mustafa Bali.

Doch das für die Anti-IS-Koalition zuständige US-Militärhauptquartier dementierte diese Angaben. In der vergangenen Woche seien syrische Kurden nicht direkt mit Waffen oder Munition beliefert worden, teilte es der Nachrichtenagentur AP in einer E-Mail mit.

Kriegsverbrechen der Kurden

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die sich auf ein Netzwerk von Aktivisten in Syrien stützt, und der kurdische Beamte Bali teilten mit, die YPG und andere Gruppen hätten eine „Streitmacht für ein demokratisches Syrien“ gebildet. Ihr Hauptziel sei die Bekämpfung des IS. In diesem Bündnis seien Araber, Kurden und assyrische Rebellen vereint. Ihr Ziel sei es, gemeinsam auf die Stadt Rakka zu marschieren, die selbst ernannte Hauptstadt des IS.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat Kurden im Norden Syriens Vertreibungen und Häuserzerstörungen vorgeworfen. Ganze Dörfer in dem von der Kurden-Partei PYD kontrollierten Gebiet seien niedergerissen worden, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten AI-Bericht. Tausende seien vertrieben worden. Die Organisation berief sich unter anderem auf Augenzeugenberichte und Satellitenbilder.

Das Vorgehen der von der PYD geführten autonomen Verwaltung erfolgt den Angaben zufolge häufig aus Vergeltung für vermeintliche Sympathien oder Verbindungen der Menschen zu Mitgliedern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder anderer bewaffneter Gruppen. Die Verwaltung missbrauche ihre Macht und missachte Völkerrecht in einer Weise, die Kriegsverbrechen gleichkomme, hieß es.

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2 Kommentare

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  • Die Haltung einer unparteiischen Menschenrechtsorganisation, wie es AI immer noch zu sein scheint, ist für mich die einzig akzeptable in solchen Konflikten. Sich mit der einen oder anderen Seite der Gewaltanwender gemein zu machen, führt bereits in die Irre und wird keinen Frieden bringen. So sympathisch die PYD als anscheinend einzige säkulare Bewegung im Syrien-Krieg ist: Menschenrechtsverletzungen dürfen ihr ebensowenig wie anderen nachgesehen werden. Aus Berichten direkt aus IS-Gebiet, die löblicherweise in der TAZ und anderswo veröffentlicht wurden, konnte ich in den letzten Monaten entnehmen, daß oft purer, der Existenznot geschuldeter Pragmatismus Menschen zu "Anhängern" des IS in den von ihm besetzten Gebieten werden läßt.

  • Im Krieg regieren die Warlords und die Zivilisten verstummen. Menschenrechte bleiben bei allen Seiten auf der Strecke - je länger ein Konflikt dauert desto heftiger.

    Das bedeutet nicht, dass alle Kriegsparteien gleich schlimm sind - es bedeutet jedoch, dass selbst beim Sieg der am wenigsten schlimmen Kriegspartei eine gewaltige Hypothek auf dem Land lastet. So hat ein Land nicht nur unzählige Tote und große Zerstörungen zu beklagen hat, sondern auch von ehemaligen Kämpfern dominiert wird, die selbst traumatisiert den Wert von Menschenwürde und Demokratie der militärischen Taktik unterordnen.

    Ein Grund mehr, dass ein militärischer Sieg häufig nicht den Frieden bringt sondern Auftakt zu weiteren Kämpfen ist. Assad militärisch stürzen zu wollen war daher mindestens genauso verkehrt wie ihn zu unterstützen. Nur auf dieser Basis kann es Frieden in Syrien geben. Nur wenn der Sieg einer Seite (Sturz von Assad oder Verbleib von Assad im Amt) nicht mehr Bedingung für einen Frieden ist, wird es Frieden geben können.