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Krieg in SudanHunderte Tote bei Luftangriff

Aktivisten machen Sudans Armee für den Luftschlag auf einen Markt in Darfur verantwortlich. Laut der Demokratiebewegung starben über 400 Menschen.

Die fortwährende Gewalt in Sudan nimmt kein Ende Foto: Uncredited/dpa

Berlin taz | Ein Luftangriff der sudanesischen Regierungsstreitkräfte auf einen Markt in der Region Darfur hat nach lokalen Berichten mehrere Hundert Tote gefordert. Von über 400 war am Dienstag in Meldungen von Aktivisten der sudanesischen Demokratiebewegung die Rede, nachdem der Markt der Kleinstadt Tura am Montagabend offenbar gezielt bombardiert worden war. Auf Videos sind zahlreiche bis zur Unkenntlichkeit verkohlte Leichen im Sand zu sehen, drumherum schockierte Überlebende.

In ersten lokalen Berichten war von 57 Toten und über 200 Verletzten die Rede, später von 270 Toten und 380 Verletzten. Viele Verletzte wurden ins nächstgelegene Krankenhaus der Kleinstadt Mellit gebracht. Aufgrund der hohen Anzahl der Leichen sei eine genaue Zählung und eine Identifizierung der Toten derzeit noch nicht möglich, erklärte am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP das Anwaltskollektiv Emergency Lawyers, das Beweise für Kriegsverbrechen in Sudan sammelt. Es sei aber unstrittig, dass „die Flugzeuge der sudanesischen Armee ein fürchterliches Massaker angerichtet haben“.

Sudans Armee dementierte den Angriff nicht, erklärte aber, bei ihren Angriffen niemals auf „unschuldige Zivilisten“ zu zielen. Tura liegt in Nord-Darfur in einem Gebiet unter Kontrolle der aufständischen Miliz RSF (Rapid Support Forces), gut 30 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt El Fasher. Die RSF erklärte, die Regierungsstreitkräfte hätten in Tura ein „Massaker“ begangen.

Krieg in Sudan

In Sudan liefern sich Einheiten der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz (Rapid Support Forces) seit dem 15. April 2023 Kämpfe im ganzen Land. Der Machtkampf setzt den Bemühungen zur Demokratisierung Sudans vorläufig ein Ende.

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Darfur weitgehend unter RSF-Kontrolle

Das ist im Kontext des eskalierenden Krieges in Darfur zu sehen. El Fasher ist die einzige der fünf Provinzhauptstädte in Darfur, die nicht unter RSF-Kontrolle steht, und wird seit fast einem Jahr von der RSF belagert. Hunderttausende Kriegsvertriebene leben dort fast ohne jede Versorgung.

Während Sudans Armee momentan die seit Kriegsbeginn im April 2023 umkämpfte sudanesische Hauptstadt Khartum zurückerobert, versucht die RSF, ihre Macht in Darfur zu konsolidieren. Ende vergangener Woche eroberte die RSF den Ort Al-Maliha in Nord-Darfur, ein logistisches Zentrum für den Nachschub der Regierungsarmee in El Fasher.

Sudans Armee bombardiert ihrerseits regelmäßig RSF-gehaltene Ortschaften in Nord-Darfur und Nachschublinien aus Tschad und Libyen; Tura liegt an einer davon. Schon mehrfach sind bei solchen Angriffen Märkte getroffen und sehr viele Zivilisten getötet worden.

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1 Kommentar

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  • In Deutschland sterben sechs Menschen auf einem Weihnachtsmarkt und die Medien überschlagen sich über viele Tage. Und hier kommen mehr als 400 ums Leben und es bleibt quasi eine Randnotiz. Grauenhaft!