Krieg in Libyen: UN-Beauftragter lehnt Blauhelme ab
Ghassan Salamé, der Chef der UN-Mission in Libyen, spricht sich gegen eine UN-Truppe zur Überwachung des Waffenstillstands im Land aus.

Der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, hat sich gegen eine internationale Friedenstruppe für das Bürgerkriegsland ausgesprochen. „Es gibt in Libyen keine Akzeptanz für ausländische Truppen“, sagte er der Tageszeitung Welt. „Ich sehe in der internationalen Gemeinschaft auch nicht die Bereitschaft, Truppen zu entsenden.“ Daher strebe er keine solche militärische Operation an. Wichtiger sei es, die derzeitige Waffenruhe in einen dauerhaften Waffenstillstand zu überführen. Dafür seien aber keine Blauhelme nötig, sondern nur eine kleine Zahl von Militärbeobachtern.
Am Sonntag hatten sich zwölf Staaten sowie die relevanten internationalen Organisationen auf einer Konferenz in Berlin zu einem neuen Friedensprozess für Libyen bekannt. Kernelemente sind zunächst die Einhaltung der aktuellen Waffenruhe zwischen dem international anerkannten Regierungschef Fajis al-Sarradsch in der Hauptstadt Tripolis und dem Rebellengeneral Chalifa Haftar im Osten des Landes, dazu die Einhaltung des geltenden UN-Waffenembargos gegen Libyens Kriegsparteien durch deren ausländische Verbündete.
Unter diesen Voraussetzungen soll ein innerlibyscher Friedensprozess angestoßen werden. Zahlreiche Beobachter hatten im Umfeld der Berliner Konferenz die Notwendigkeit einer internationalen Schutztruppe zur Überwachung des Waffenstillstands betont. Gefordert wird dies auch von Sarradsch. Insofern kommt Salamés schnelle Ablehnung überraschend.
Salamés Äußerung stößt auf Zustimmung
Auf Zustimmung in Deutschland stieß Salamés Äußerung als Erstes bei der Linkspartei. „Die Linke begrüßt die entschiedene Absage des UN-Sondergesandten Ghassan Salamé an eine internationale Militärintervention in Libyen“, erklärte die Abgeordnete Sevim Dağdelen.
Positiv vermeldet wurde die Stellungnahme des UN-Gesandten auch von der offiziellen russischen Nachrichtenagentur Sputnik. Russland unterstützt in Libyen General Haftar, der anders als die international anerkannte Regierung eine UN-Truppe ablehnt. In sozialen Medien wurde Salamé verschiedentlich als „Haftar-Freund“ beschimpft.
Wenn der Chef der UN-Mission in Libyen eine UN-Truppe nicht selbst vorantreibt, kann daraus im UN-System nichts werden. So droht Salamés Positionierung die Bemühungen der UNO um einen von allen Seiten mitgetragenen Friedensprozess in Libyen zu schwächen.
Eigentlich soll Mitte Februar der neu geschaffene „Internationale Ausschuss für Folgemaßnahmen“ in Berlin zum ersten Mal tagen, unter Vorsitz Deutschlands und der UN-Libyen-Mission. Vorher gilt es in Algerien aber noch eine Reihe bilateraler Treffen zur Vorbereitung einer Libyen-Friedenskonferenz zu absolvieren: nach Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte letzte Woche und Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian am Dienstag wird nächste Woche der türkische Präsident Erdoğan in Algier erwartet. Algerien erkennt in Libyen die Regierung Sarradsch an.
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