Krieg in DR Kongo: Neuer Gipfel für Kongo nach geplatztem Dialog
Während Afrikas Staatschefs eine „Roadmap“ für einen Friedensprozess basteln, rücken die M23-Rebellen auf Ostkongos Urwaldstraßen vor.

Vor dem Hintergrund neuer Erfolge der Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) in der Demokratischen Republik Kongo suchen die Staaten des östlichen und südlichen Afrika immer dringender nach einer politischen Lösung. Kenias Präsident William Ruto berief kurzfristig am Montag einen virtuellen Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Regionalorganisationen EAC (Ostafrikanische Gemeinschaft) und SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) ein, um über eine „Roadmap“ für einen Friedensprozess zu beraten.
EAC und SADC – in beiden Organisationen ist die DR Kongo Mitglied – haben sich in den vergangenen Jahren auf unterschiedliche Weise dem Krieg in der DR Kongo genähert. Die EAC erfand einen „Nairobi-Prozess“ für Direktverhandlungen zwischen Kongos Kriegsparteien. Im SADC-Mitglied Angola entstand wenig später ein „Luanda-Prozess“, formell im Auftrag der Afrikanischen Union, für Gespräche zwischen den Regierungen der DR Kongo und Ruandas, das die M23 militärisch unterstützt.
Beide Prozesse blieben ergebnislos. Eine EAC-Friedenstruppe zur Wahrung eines Waffenstillstands in der ostkongolesischen Kriegsregion wurde Ende 2023 von Kongos Regierung nach Hause geschickt und durch eine SADC-Eingreiftruppe zum Kampf gegen die M23 ersetzt, aber auch die konnte nicht verhindern, dass die M23 dieses Jahr Ostkongos Provinzhauptstädte Goma und Bukavu erobert und ihr Herrschaftsgebiet ausgedehnt und konsolidiert hat. Inzwischen ist auch die SADC-Truppe abgezogen.
Erste Direktgespräche platzten kurzfristig
Ein EAC-SADC-Gipfel Anfang Februar legte die „Nairobi“- und „Luanda“-Prozesse zusammen, aber auch das brachte bislang nichts – erste Direktgespräche in Luanda zwischen Kongos Regierung und den M23-Rebellen am 18. März platzten kurzfristig, da die M23 ihre Teilnahme in letzter Minute absagte, nachdem die EU gegen einzelne Entscheidungsträger der Rebellen sowie Ruandas Sanktionen verhängt hatte.
Während Kenias Präsident Ruto in der Nacht zu Montag zum virtuellen Kongo-Sondergipfel einlud, warf Angolas Präsident João Lourenço überraschend als Kongo-Vermittler das Handtuch. Er wolle sich auf seine Rolle als amtierender Vorsitzender der Afrikanischen Union (AU) konzentrieren, schrieb Lourenço und machte für das Scheitern der Direktgespräche am 18. März „eine Reihe von Faktoren, einige davon außerhalb des laufenden afrikanischen Prozesses“ verantwortlich – ein klarer Seitenhieb gegen den EU-Sanktionsbeschluss.
Nun muss also Kenias Präsident Ruto als Schirmherr des „Nairobi“-Prozesses „das Land finden, dessen Staatschef mit Unterstützung von SADC, EAC und Vermittlern im Konflikt eingreifen kann“, wie es Lourenço in seinem Schreiben ausdrückte. Auf dem Tisch sollte in Nairobi ein Konzeptpapier liegen, das am 17. März bei einem EAC-SADC-Verteidigungsministertreffen in Simbabwes Hauptstadt Harare entstanden war.
M23-Rebellen stoßen tief ins Land vor
Es sieht innerhalb von 30 Tagen die Entsendung einer technischen Delegation in die DR Kongo vor, um innerhalb von 120 Tagen einen Waffenstillstand, die Wiederöffenung der geschlossenen Flughäfen von Goma und Bukavu sowie die Einrichtung einer Beobachtermission zu erreichen. Bis zum 25. März sollten EAC und SADC die dafür nötigen politischen Rahmenbedingungen ausformulieren, auf deren Grundlage dann Gespräche zur Umsetzung beginnen.
Die Kriegsdynamik könnte diesen bedächtigen Zeitplan gegenstandslos machen. Die M23-Rebellen im Osten der DR Kongo stoßen derzeit tief ins Land vor: Sie nahmen am 19. März die Distrikthauptstadt Walikale im Urwald der Provinz Nord-Kivu ein und kurz darauf den nahen Handelsknotenpunkt Mubi, wo die ehemalige Überlandstraße als Flugpiste dient.
Von Walikale aus bestehen Verkehrsverbindungen nach Kisangani, Kongos drittgrößte Stadt, von wo aus Schiffsverkehr auf dem Kongo bis in die ferne Hauptstadt Kinshasa besteht. Von Kisangani aus hatte Kongos Luftwaffe zuvor Angriffe auf M23-Gebiete geflogen und die Rebellen hatten erklärt, sie würden dagegen „an der Quelle“ vorgehen. Am Wochenende trafen Kongos höchste Generäle in Kisangani ein, um die Verteidigung der Stadt zu organisieren.
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