Krieg im Jemen: Feuerpause mit Bodentruppen
Die Zivilisten im Jemen leiden unter dem Bombardement der Saudis. Eine Feuerpause soll Linderung bringen. Gleichzeitig bittet Sanaa um Bodentruppen.
RIAD/SANAA dpa | Sechs Wochen nach Beginn der Luftangriffe gegen die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen hat Saudi-Arabien eine fünftägige humanitäre Waffenruhe angeboten. Die Umsetzung der Offerte hänge aber davon ab, dass sich auch „die Huthis in vollem Umfang daran halten“, sagte der saudische Außenminister Adel al-Dschubair am Donnerstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem amerikanischen Amtskollegen John Kerry in Riad. Die Feuerpause soll den Transport von Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung ermöglichen.
„Die Waffenruhe wird bald in Kraft treten, aber die Einzelheiten müssen noch besprochen werden“, sagte Kerry, ohne ein Datum zu nennen. Er forderte die Huthis und ihre Unterstützer auf, sich der Initiative anzuschließen. „Sie sollten diese Gelegenheit, den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung zu tragen, nicht verstreichen lassen“, fügte er hinzu. Reaktionen der Aufständischen lagen zunächst nicht vor.
Im Jemen kämpfen vom Iran unterstützte Huthi-Rebellen gegen Anhänger des nach Riad geflohenen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Eine von Saudi-Arabien geführte Militärallianz bombardiert seit dem 26. März Stellungen und Waffenlager der Huthis. Bei Kämpfen und Luftangriffen wurden seitdem nach UN-Angaben 646 Zivilisten getötet und 1.364 weitere verletzt.
Kerry war am Mittwoch in Riad eingetroffen und hatte sich unter anderem mit König Salman und dem jemenitischen Präsidenten Hadi getroffen. Von saudischer Seite hieß es, der US-Außenminister habe dem Monarchen den „humanitären Waffenstillstand“ vorgeschlagen. Saudi-Arabien wolle zudem alle jemenitischen Konfliktparteien zu einer Konferenz einladen, sagte Kerry vor der Presse.
Angriff auf Hafenviertel von Aden
Die saudischen Luftangriffe vermochten den Vormarsch der Huthis auf die südliche Hafenmetropole Aden einigermaßen zu stoppen. Doch wurden auch viele Zivilisten getroffen. Die Bombardierung von Flughäfen und die Blockade der jemenitischen Häfen schnitten die Bewohner des ärmsten arabischen Landes zudem von der Versorgung mit Lebensmitteln und Treibstoff ab. Internationale Hilfsorganisationen sprechen von einer nahenden humanitären Katastrophe.
Zuletzt drohte der Bürgerkrieg zu eskalieren. Am Mittwoch stießen die Huthis auf das Hafenviertel von Aden vor und schossen mit Granaten auf Boote, die Flüchtlinge an Bord hatten. Dutzende Menschen seien gestorben, berichteten Augenzeugen. Der Hadi-treue jemenitische UN-Botschafter wandte sich am selben Tag an den UN-Sicherheitsrat in New York und forderte das Gremium auf, Bodentruppen zu entsenden. Es gehe darum, „den Jemen, vor allem Aden und (die südliche Stadt) Tais, zu retten“, schrieb er.
Eine gefährliche Zuspitzung erfuhr der Konflikt auch im nördlichen Grenzgebiet zu Saudi-Arabien, dem Kernland der Huthis. Die Aufständischen beschossen die saudische Grenzstadt Nadschran mit Raketen und Granaten. Bei den Angriffen der vergangenen zwei Tage wurden dort neun Saudis getötet. Riad beantwortete die Attacken mit Luftangriffen auf die Huthi-Hochburg Saada. Nach lokalen Angaben kamen dabei 34 Menschen ums Leben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind