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Krawalle nach Selbstmord in AthenRandale nach Freitod

Nach dem Selbstmord eines griechischen Rentners habern in Athen Tausende Menschen protestiert. Sie sprachen von einem „vom Staat verübten Mord“.

Demonstrant und Polizisten am Syntagma-Platz in Athen. Bild: reuters

ATHEN afp/rtr | Nach dem Selbstmord eines vermutlich verschuldeten Rentners ist es in Athen zu spontanen Protesten gegen die Sparpolitik der Regierung gekommen. Auf dem zentralen Syntagma-Platz vor dem Parlament versammelten sich am Mittwoch bis zum Anbruch der Dunkelheit mehrere Tausend Menschen.

Einige riefen in Sprechchören, es habe sich nicht um einen Freitod, sondern um einen „vom Staat verübten Mord“ gehandelt. Etwa ein Dutzend Personen warfen Brandsätze auf Polizisten, die ihrerseits Tränengas einsetzen.

Auf dem Syntagma-Platz, auf dem seit gut zwei Jahren Proteste gegen die Sparprogramme der Regierung stattfinden, hatte sich am Morgen ein 77-jähriger Mann durch einen Kopfschuss getötet. Augenzeugen zufolge rief der frühere Apotheker vor seiner Tat, dass er seinen Kindern keine Schulden hinterlassen wolle. Laut Medienberichten warf der Mann der Regierung in einem Abschiedsbrief vor, ihn in großer Armut allein gelassen zu haben.

„Es ist tragisch, dass einer unserer Bürger sich das Leben genommen hat“, erklärte Regierungschef Lucas Papademos. „In diesen schwierigen Momenten für unsere Gesellschaft, Regierung und Bürger müssen wir Menschen unterstützen, die in Not sind.“

Im Gedenken an den Rentern versammelten sich rund tausend Menschen in den Straßen Athens und legten am Fuße einer Zypresse Blumen, Kerzen und Trauerbotschaften nieder.

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6 Kommentare

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  • EE
    Edda Ehrhardt

    Für staatliche Rettungsschirme für RentnerInnen, Kinder und Arme!

     

    Gegen Hunderte Mio. Steuergeld schwere staatliche Rettungsschirme für Banken,Versicherungen und Hedge Fonds!

     

    Die sind reich genug und sollten endlich selbst bezahlen für ihr Casino - Finanzgebahren, das entspräche den Regeln der Marktwirtschaft.

     

    Das ganze Geld der SteuerzahlerInnen wird den Banken etc. geschenkt. Die Menschen selbst in Griechenland haben kaum mehr etwas zum leben. Das ist eine völlig falsche Politik.

     

    In Deutschland werden wir das auch noch zu spüren kriegen. Wenn das in den Rachen von Banken etc. geworfene Geld an allen Enden unserer Gesellschaft

    fehlt. Die kleinen Leute sollen auch hier die Zeche zahlen.

  • PA
    Peter Adam

    Wieviel Leid, Not und Elend können die Menschen in Griechenland und anderswo in Europa noch verkraften bevor Ihnen die Sicherungen durchbrennen?

    Wenn Ich dürfte wie Ich wollte, dann würde Ich per Internet das griechische Volk zum bewaffneten Aufstand aufrufen, aber Ich glaube, die Verteidiger der auch, oder gerade hierzulande zementierten Machtverhälntniss, wären schneller bei mir zu Hause als mir lieb ist. Deshalb verkneif Ich mir weiteres dazu. Als gebürtiger Grieche trauere Ich um meinen Landsmann. Soweit hätte es nie kommen dürfen, das Profite von internationalen Bankenkartellen über Menschenleben gestellt werden. Es scheint als ob wir kleinen Leute nur Melk-und Schlachtvieh für eine handvoll größenwahnsinniger Despoten sind. Wir opfern unsere Kinder in von den " Eliten " angezettelten Kriegen, müssen zuseh´n wie unsere Lebenswerke ein ums andere Mal zerstört werden und beugen uns dann hinterher der notwändigkeit des Wiederaufbaus des zerstörten, denn schliesslich haben wir ja keine andere Wahl, wollen wir nicht in Ruinen hausen und zivilisatorisch in die Steinzeit zurückfallen. Obwohl, manche Menschen haben sich nie weit von dieser Epoche entfernt, oder wie sonst ist die weltweite Obrigkeitshörigkeit und das allzu servile Verhalten auch mancher " Staatsdiener " zu verstehen. Cogito ergo sum. Ich denke, also bin Ich.

    Leider beschränkt sich bei sehr vielen das " Denken " nur auf reflexartige Neuralreaktionen, die nicht weit über denjenigen von Tieren zu verorten sind. All diese Polizisten, Soldaten und Geheimdienstler haben Ihre Seeln an das böde verschachert, in der Hoffnung auf ein paar Kuchenkrümel die vom Tisch der Reichen für sie abfallen könnten. Mir graut vor meiner eigenen Spezies.

    Jedenfalls hoffe Ich das der Wahnsinn in meiner Heimat endlich ein Ende findet und alle Verantwortlichen dahin wandern wo sie hingehören. Hinter Gitter.

  • P
    Politikverdrossenheit

    Es ist einfach nur noch traurig.

    Ich hoffe er hat seinen Frieden gefunden.

  • I
    IJojan

    Zu dieser Meldung, besonders zu der salbungsvollen Reaktion von Regierungschef Papdemos (aber nicht nur zu ihr) passt die Rede, die Georg Schramm bei der Verleihung des Erich-Fromm-Preises vor wenigen Tagen in Stuttgart hielt (besonders zwischen den Minuten 14:46 und 18:51 - aber natürlich ist die ganze Rede mehr als hörens- und bedenkenswert).

     

    link: http://www.fluegel.tv/beitrag/4052

  • S
    Svenceremos

    Eine griechische Zeitung veröffentlichte den vollständigen Abschiedsbrief des Mannes:

     

    "The Tsolakoglou government has annihilated all traces for my survival, which was based on a very dignified pension that I alone paid for 35 years with no help from the state. And since my advanced age does not allow me a way of dynamically reacting (although if a fellow Greek were to grab a Kalashnikov, I would be right behind him), I see no other solution than this dignified end to my life, so I don’t find myself fishing through garbage cans for my sustenance. I believe that young people with no future, will one day take up arms and hang the traitors of this country at Syntagma square, just like the Italians did to Mussolini in 1945"

     

    (Quelle: Athens News

    http://www.athensnews.gr/portal/1/54580)

     

    Ich finde, diese letzten Worte eines Menschen, der sich aus Verzweiflung das Leben nahm, haben es verdient, gelesen zu werden. Wenn es mir nur um "Krawalle" und "Randalierer" ginge, würde ich einfach SPON etc. lesen.

     

    Grüße

     

    Svenceremos

  • S
    Svenceremos

    Eine griechische Zeitung veröffentlichte den vollständigen Abschiedsbrief des Mannes:

     

    "The Tsolakoglou government has annihilated all traces for my survival, which was based on a very dignified pension that I alone paid for 35 years with no help from the state. And since my advanced age does not allow me a way of dynamically reacting (although if a fellow Greek were to grab a Kalashnikov, I would be right behind him), I see no other solution than this dignified end to my life, so I don’t find myself fishing through garbage cans for my sustenance. I believe that young people with no future, will one day take up arms and hang the traitors of this country at Syntagma square, just like the Italians did to Mussolini in 1945"

     

    (Quelle: Athens News

    http://www.athensnews.gr/portal/1/54580)

     

    Ich finde, diese letzten Worte eines Menschen, der sich aus Verzweiflung das Leben nahm, haben es verdient, gelesen zu werden. Wenn es mir nur um "Krawalle" und "Randalierer" ginge, würde ich einfach SPON etc. lesen.

     

    Grüße

     

    Svenceremos