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Krach nach Wagenburgdemo

Hamburgs Senat lässt bewohnten Bauwagenplatz räumen. Innensenator Schill benutzt Rollheimer, um Stärke des Staats zu zeigen: 2.000 Polizisten aus ganz Deutschland

HAMBURG taz ■ Es sieht so aus, als würde sich in diesen Tagen entscheiden, ob es in Hamburg künftig noch bewohnte Bauwagenplätze geben wird. Der Protest kristallisiert sich am Bauwagenplatz „Bambule“ im alternativen Karolinenviertel, den die Polizei vor zwei Wochen geräumt hatte. Als am Samstag fast 4.000 Menschen unter dem Motto „Gegen Rechtspopulismus, Ausgrenzung und Vertreibung“ gegen die rechtskonservative Landesregierung in Hamburg und ihre Bambule-Politik demonstrierten, gab es Krach mit der Polizei.

Bislang hatte „Bambule“ in der öffentlichen Diskussion keine Rolle gespielt. Doch dann blies der Senat aus CDU, Schill-Partei und FDP zum Sturm. Da Bambule keinen Vertrag mit dem rot-grünen Vorgängersenat abgeschlossen hatte, wurde der Platz vor zwei Wochen von einem Aufgebot von 1.000 PolizistInnen geräumt. Inzwischen ist Bambule bundesweit zum Symbol zum Erhalt alternativer Wohnformen avanciert.

Schon im Vorfeld der Protestdemo von Samstag hatte Innensenator Ronald Schill der Polizei eine neue Strategie auferlegt und Horrorszenarien über „gewaltbereite Chaoten“ streuen lassen. Polizeisprecher Reinhard Fallak und der neue CDU-Verfassungsschutzschef Heino Vahldieck verkündeten, die „Chaoten sollten ruhig kommen“, die Polizei sei zum Machtkampf bereit. 2.000 PolizistInnen aus ganz Deutschland sowie über ein Dutzend Wasserwerfer und Panzerwagen standen bereit.

Doch trotz dieser offensichtlichen Eskalationstrategie blieb die Schlacht aus. Auf sämtliche Provokationen reagierten die DemonstrantInnen zurückhaltend, der Marsch vom Hauptbahnhof ins Karo-Viertel verlief ohne Zwischenfälle. Erst als die Polizei im Anschluss ein paar umgeworfene Absperrgitter zum Anlass nahm, doch noch Wasserwerfer gegen abwandernde Personen einzusetzen, kam es zu Scharmützeln. Dabei wurden Barrikaden errichtet und in Brand gesetzt sowie Leuchtspurmunition abgeschossen. Es flogen Pflastersteine Richtung Polizei. Bei den Auseinandersetzungen wurden laut Polizei 16 Personen vorübergehend festgenommen.

Die Bambule-Räumung ist nach dem Polizeirecht umstritten. Da die Hamburger Landesregierung das Bewohnen des Platzes seit fast acht Jahren geduldet hat, ist nach Meinung vieler JuristInnen ein mietvertragliches Verhältnis eingetreten, so dass eine Räumung nur mit gerichtlichen Räumungstiteln möglich gewesen wäre.

Acht Bauwagenplätze gab es Anfang des Jahres in Hamburg. Ein vom rot-grünen Senat 1999 novelliertes Bauwagengesetz erlaubte deren Nutzung, solange die Ver- und Entsorgung gewährleistet ist. Für einige Plätze schloss der Senat Nutzungsvereinbarungen, die zum Teil bis ins Jahr 2006 reichen. Die drei Plätze, die bloß geduldet oder deren Verträge ausgelaufen waren, hat der Rechtssenat räumen lassen. Den übrigen drohte Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) damit, die Verträge zu widerrufen, falls er „gravierende Verstöße gegen Hygienebestimmungen“ feststelle. KAI VON APPENGERNOT KNÖDLER

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