Kostenexplosion im AKW Flamanville: Teuer, teurer, Druckwasserreaktor
Die Kosten für ein französisches AKW steigen und steigen. Der italienische Geschäftspartner hat darauf keine Lust mehr und will aussteigen.
PARIS taz | Die Baukosten des Europäischen Druckwasserreaktors (EPR) in Flamanville in der Normandie steigen ins Unermessliche. Der Bauherr, der Energiekonzern Electricité de France (EDF), hat mitgeteilt, dass das Projekt noch einmal um 2 Milliarden Euro teurer werden wird.
Insgesamt sei letztlich mit Kosten von rund 8,5 Milliarden Euro zu rechnen. Beim Beginn der Arbeiten im Jahr 2005 war noch von etwas mehr als 3 Milliarden Euro die Rede gewesen, etwas später dann von doppelt so viel.
Den letzten Teuerungsschub hatte es gegeben, weil die Atomaufsicht die Betonwände des zukünftigen Reaktorkerns als unzureichend bemängelt hatte. Für Enel, den italienischen Partner von EDF, der sich 2007 mit 12,5 Prozent am Projekt Flamanville beteiligt, ist damit die Schmerzgrenze erreicht.
Laut einem EDF-Sprecher werde Enel noch vor Jahresende aus der Partnerschaft aussteigen. Es wäre für Enel wirtschaftlich interessanter, anderweitig Atomstrom aus Frankreich zu kaufen. Denn die mit dem EPR produzierte Elektrizität wird mehr als doppelt so viel kosten wie der Strom aus den bisherigen AKWs und sogar 20 Prozent mehr als der aus Windkraftanlagen gewonnene Strom.
Von wegen Zukunft
Bisher wird der zusammen mit Siemens entwickelte Reaktor vom staatlichen französischen Nuklearkonzern Areva als die „Technologie der Zukunft“ in der Produktion von Atomstrom angepriesen. Dennoch wurden bisher nur zwei Exemplare ins Ausland verkauft, ein erster nach Finnland, ein weiterer nach China. Auch in Finnland werden die ursprünglich prognostizierten Kosten wohl um ein Vielfaches überschritten werden.
Der Reaktor in der Normandie könnte nun schon der letzte sein. Denn als nach der Katastrophe von Fukushima selbst in Frankreich das Misstrauen wuchs, konnte die französische Atomwirtschaft immer noch auf das Argument ihrer relativ günstigen Stromtarife dank der dominierenden Atomenergie pochen. Das ist nun nicht mehr so einfach.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen