Kommentar AKW Flamanville: Tor auf für die Russen

Beim neuen Europäischen Druckwasserreaktor in Flamanville wachsen die Kosten ins Unermessliche. Die Sicherheit von AKWs schwindet weiter.

Frankreich freute sich jahrelang über billigen Strom, dank seiner günstigen Atomkraftwerke. Und die Deutschen blickten neidisch über den Rhein: Auf jedem CDU-Parteitag, auf jeder Tagung eines Industrieverbandes dasselbe Mantra vom tollen Atomstrom, siehe Nachbarland.

Jetzt wachsen dem französischen Atomkonzern EdF die Kosten für sein Prestigeprojekt, den Europäischen Druckwasserreaktor (EPR), über den Kopf. Europa bekommt die Rechnung für das Atomzeitalter präsentiert. Ätsch. Windkraft ist heute billiger als Energie aus neuen Atomkraftwerken mit höheren Sicherheitsstandards.

In viele europäischen Reaktoren sind bis heute nicht einmal die nach Tschernobyl verschärften Anforderungen implementiert, schrieb kürzlich die EU-Kommission als Fazit eines groß angelegten Checks europäischer Meiler. Der zuständige Energiekommissar Günther Oettinger ist eigentlich ein Befürworter der Atomkraft.

Wenn selbst seine Behörde einen solchen Bericht abliefert, müsste es auch in der Mitte angekommen sein: Atomstrom ist bisher auf Kosten der Sicherheit subventioniert worden. Aufräumen darf den Laden ohnehin die nächste Generation. Frankreich etwa hat kaum Rücklagen zum Abriss seiner AKWs angespart, es fehlen mindestens 30 Milliarden Euro. Wieder eine versteckte Subvention.

Was der Schadenfreude einen bitteren Beigeschmack gibt: Der Rückschlag der Franzosen erhöht die Wettbewerbschancen japanischer, chinesischer, US-amerikanischer oder russischer Atomkonzerne. Derzeit läuft etwa das Bietverfahren zum Ausbau des tschechischen AKWs Temelin, unweit der deutschen Grenze. Im Rennen sind EDF und die russische Rosatom. Nun stehen die Chancen für Rosatom besser, Sicherheit hin oder her.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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