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Kosten des AtomausstiegsVattenfall will 4,7 Milliarden Euro

Als Entschädigung für die Stilllegung seiner Akws in Deutschland fordert Vattenfall 4,7 Milliarden Euro. Es ist nicht die einzige Klage dieser Art.

Glänzt so schön und brachte auch noch so viel Geld: Vattenfalls AKW-Brunsbüttel. Bild: dpa

BERLIN dpa | Der schwedische Stromkonzern Vattenfall fordert von Deutschland 4,7 Milliarden Euro als Entschädigung für die Stilllegung seiner Atomkraftwerke. Dies habe Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Bundestags gesagt, teilte die Linken-Fraktion in Berlin mit. Vattenfall hat die Bundesregierung vor einem internationalen Schiedsgericht in Washington verklagt.

Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst sah sich dadurch in seiner Kritik am geplanten Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) bestätigt. „Die Vattenfall-Klage zeigt erneut, dass Freihandelsabkommen mit weitreichendem Investorenschutz nicht zu akzeptieren sind.“ Die TTIP-Verhandlungen müssten gestoppt werden.

Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einer Kehrtwende entschlossen. Nach einem dreimonatigen Moratorium wurden auch die Vattenfall-Meiler Krümmel und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein dauerhaft stillegelegt.

Anders als die deutschen Unternehmen RWE und Eon konnte sich Vattenfall als ausländischer Konzern zum Schutze seiner Investitionen an ein Schiedsgericht wenden. In Fachkreisen werden dem Unternehmen gute Chancen eingeräumt - die von Gabriel genannten 4,7 Milliarden Euro an Schadenersatzforderungen sind weit höher als bisher vermutet.

Auch andere Konzerne klagen wegen des Atomausstiegs. Der Energiekonzern Eon fordert von der Bundesregierung 380 Millionen Schadenersatz für das dreimonatige Atom-Moratorium nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Dabei geht es um entgangene Gewinne wegen der Abschaltung der Kernkraftwerke Unterweser (Niedersachsen) und Isar 1 (Bayern). Zuvor hatte schon RWE eine Schadenersatzklage in Höhe von 235 Millionen Euro wegen der dreimonatigen Biblis-Abschaltung eingereicht – auch hier gingen anschließend beide Blöcke nicht mehr ans Netz.

„Vattenfall ist unverschämt“

Wegen der dauerhaften Stilllegung und der Beschlüsse zum Atomausstieg haben Eon und RWE Verfassungsbeschwerde eingelegt – hier geht es wohl um Schadenersatz in zweistelliger Milliardenhöhe.

Die Energiekonzerne klagen zudem gegen Zusatzkosten bei der Endlagersuche – so will Eon sich unter anderem nicht an Kosten beteiligen für die geplante Unterbringung von 26 Castor-Behältern aus der Wiederaufarbeitung im Ausland in anderen Zwischenlagern als in Gorleben, wo es hierfür eine gültige Einlagererlaubnis gebe.

Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sylvia Kotting-Uhl meinte zu der Schadenersatzforderung von Vattenfall: „Vattenfall ist unverschämt“. Die Konzernspitze habe jahrelang mit Atom und Kohle auf ein falsches Geschäftsmodell gesetzt „und verlangt nun von den deutschen Steuerzahlern, für das Managementversagen zu zahlen“.

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12 Kommentare

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  • D
    D.J.

    Meine Güte, da versucht ein Konzern natürlich, die unfassbare Dummheit von Politikern bei der Organsiation des Ausstiegs zu nutzen, und eingeschlagen wird auf den Konzern. Das ist ungefähr so, wie einen Fuchs dafür zu tadeln, dass er gern Gänse isst. Wohlgemerkt: Das ist unabhängig davon dumm, wie man zur A-Kraft steht.

    • @D.J.:

      Zu behaupten, das Kritisieren von AKW-Konzernen sei hier irgendwie dumm, ist unabhängig davon, was man über @D. J. im allgemeinen so denkt, ein ausgemacht großer Blödsinn, weil eine solche Behauptung nur sehr oberflächlich durchdacht sein kann.

    • @D.J.: DIe Moderation: Bitte halten Sie sich an die Netiquette.
  • Das zahlt der Michel mit seinen Stromkosten doch spielend. Da geht noch manches.

  • wenn man satt ist, kann man leicht über Hunger reden-ohne die KK und dem dazugehörigen Ausbau der Stromnetze, wäre in D der Lebensstandart um 30% niedriger, und es gäbe sicher auch keine Energiewende, den ohne die Technischen Einrichtungen aus dieser Zeit könnte man kein Watt der EE transportieren, die Retslaufzeiten unter Rot Grün ausgehandelt liefen über 30 Jahre, KKWs unterliegen , wie jedes andere technische Gerät, einem Wartungsintervall, dh, man kann nicht sagen, ok, wir lassen das KKW einfach noch 20Jahre laufen, ohne Revisionen , und wenn sich jemand über die Entsorgungskosten Gedanken macht-einfach mal ExBK Schmidt fragen, unter dessen Zeit wurde nämlich die KK massiv ausgebaut und er war ja auch die treibende Kraft, allerdings muss man sagen, Frau Merkel hat mit Abstand den grössten Bock in Sachen Strom geschossen, das kommt eben daher, dass Menschen, dei keine Ahnung haben, bestimmen!

  • Wenn ich mich recht erinnere, hat die Bundesregierung anno 2000 mit den Stromkonzernen Restlaufzeiten VEREINBART. Die Konzerne hatten also 10 Jahre Zeit, sich mit ihren "Investitionen" bzw. Reparaturaufwendungen auf diese Situation einzustellen.

     

    Dass Merkel ihnen im Herbst 2010 mit ihrer Laufzeitverlängerung einen Anlass präsentiert hat, im Hinblick auf die verlängerten Laufzeiten Investitionen vorzunehmen, ist leider nicht von der Hand zu weisen. Dies können aber - weder bei Vattenfall noch bei RWE oder EON - Milliarden gewesen sein, zumal ja nach nur fünf Monaten die Verlängerung wieder obsolet war. Aber bezüglich dieser Millionen sind Ersatzforderungen nachvollziehbar. Die sollten aber als Sicherheitsleistung für die Entsorgungskosten, vor denen sich die feinen Herrschaften ganz offensichtlich drücken wollen, einbehalten werden.

     

    Darüber hinausgehende Forderungen, insbesondere von Vattenfall wegen Stillegung der beiden Schrottmeiler, sollten den Vorstandsvorsitzenden um die Ohren gehauen werden.

  • Man kann in Deutschland Bauklötze staunen. Als vor vielen Jahren bekannt wurde, dass die Grünen Cem Özdemir und Rezzo Schlauch mit der Lufthansa geflogen sind, und ihre Bonusmeilen nicht bei der Bundestagsverwaltung abgeliefert haben, da haben die konservativen Tugendwächter einen Wirbel gemacht, das gibt es nicht. Nun zeigt sich, dass uns Mutti Schäden in Milliardenhöhe präsentiert. Bei einer rotgrünen Bundesregierung hätte man einen ARD Brennpunkt und ein ZDF spezial gebracht, aber Mutti hat Narrenfreiheit. Und ist der Schaden noch so groß, alle haben Mutti lieb, und wenn Wahlen sind, wird sie natürlich wiedergewählt.

    • @Rohloffbiker:

      Die Art und Weise wie der Ausstieg aus dem Ausstieg des Ausstiegs vonstatten ging, spricht in der Tat für einen - von langer Hand geplanten - Deal zwischen Merkel/CDU und Atomlobby. Kommt es zu einer Zahlung aus Steuermitteln an Vattenfall etc. (woran ich allerdings nicht glaube) dürften auch Merkels Tage gezählt sein, oder der Wahnsinn selbst führt fortan die Regierungsgeschäfte allein.

  • eigentlich logisch, erst hebelt Frau Merkel den von den SPD/Grünen ausgehandelten Vertrag aus, dann cancelt sie ohne Notdie K-Energie-der Hammer war aber, dass man Vattenfall überhaupt die HEW, ehe NWK, dann Eon verkaufte, man sieht , wie kurzsichtig die Politiker, Stadtkämmer denken, der zweite Hammer jetzt versucht man von Vattenfall für teures Steuergeld alles zurückzukaufen, ausser den KKWs, Schuld an der Misere ist Frau Merkel, sie ganz allein! dazu kommt die enge Verknüpfung von Vattenfall mit der Politik, bis zum Stötfall Krümmel war der ehemalige Chef der bayrischen Staatskanzlei deutscher Vattenfallchef-Politiker, die vom Licht soviel Ahnung haben, dass sie, wenn sie den Lichtschalter betätigen, das Licht EIN oder AUSgeschaltet wird !

  • Versuchen kann man's ja mal. Ob sich die grossen Energiekonzerne in Deutschland damit einen Gefallen tun, bezweifle ich sehr. Schon jetzt spricht eigentlich alles für eine Verstaatlichung der konventionellen Energiewirtschaft. Die darf allerdings die Großkonzerne nicht aus der Verantwortung für die Entsorgungskosten entlassen. Auch andere können Rechnungen schreiben.

  • Ich bin immer wieder froh diesen Drecksverein schon vor über 12 Jahren verlassen zu haben.

    Verlogen,hinterfotzig und unverschämt,das ist Vattenfall.Hoffentlich gehen sie pleite!

    • @Markus Müller:

      Frommer Wunsch.-Die Manager dürften sich schon längst, ihre Konten mit Geld vollgestopft haben. Diese Schiedsgerichte sind sicherlich dafür, auch extra erfunden worden.