Kosovo - und jetzt?: Beispiel für Basken und Katalanen
Basken und Katalanen feiern die Unabhängigkeit des Kosovo als Präzedenzfall. Das behagt der spanischen Regierung nicht - sie erkennen den neuen Staat nicht an.
MADRID Es kommt selten vor, dass sich Spaniens sozialistische Regierung und die konservative Opposition einig sind. Die Frage der Anerkennung des unabhängigen Kosovo ist so ein Fall. Der "einseitige" Beschluss des kosovarischen Parlaments vom Sonntag sei "illegal", erklärte Spaniens Außenminister Miguel Angel Moratinos. Die Anerkennungen der abgespaltenen serbischen Provinz durch die Großen der EU und die USA entbehre "der internationalen Legitimität, die Spanien immer verteidigt", bekräftigte er.
Freilich liegt der Haltung Madrids nicht nur die Sorge um die internationalen Spielregeln zugrunde. Linke und Konservative befürchten, dass das Kosovo als Präzedenzfall für die Nationalisten im eigenen Lande dienen könnte. Schließlich feiern diese ganz unverhohlen die Abspaltung der Albaner von Serbien. Die in Barcelona mitregierenden radikalen Nationalisten der ERC ließen am Montag die Sektkorken knallen. Es sei jetzt möglich, dass "ein Land per Mehrheitsbeschluss und unter Aufsicht der EU unabhängig wird", erklärte ein Sprecher der katalanischen Separatistenpartei. Das "Recht, zu entscheiden" habe sich durchgesetzt. Diese Formel benutzen die katalanischen und auch die baskischen Nationalisten, wenn es darum geht, ihre eigenen Forderungen zu umschreiben, ohne das alarmierende Wort "Unabhängigkeit" in den Mund zu nehmen.
Auch die gemäßigten katalanischen Nationalisten der christlich-demokratisch orientierten CiU begrüßten die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. Sie wollen im spanischen Parlament Druck machen, damit die Regierung den neuen Staat anerkennt. Außerdem haben sie eine Resolution eingebracht, die von der EU verlangen soll, "die entstandene neue politische Landkarte" als Gesamt-Union zu unterstützen.
Auch im Baskenland zeigten sich die Nationalisten zufrieden. "Es möge als Präzedenzfall dienen", schreibt die der bewaffneten Separatistenorganisation ETA nahe stehende Tageszeitung Gara. Die von den gemäßigten Nationalisten PNV und EA sowie den Postkommunisten gebildete Regierung begrüßt den "demokratischen Weg zur Unabhängigkeit". Der im Madrider Senat sitzende PNV-Politiker Iñaki Anasagasti empfiehlt ETA und Umfeld, von "diesem Beispiel" zu lernen. Die serbische Provinz habe "die Unabhängigkeit ohne einen einzigen Schuss und ohne Straßengewalt" erreicht, erklärte er und musste sich fragen lassen, ob denn die 14.000 Toten im Kosovo nicht zählen. "Die Unabhängigkeit des Kosovo öffnet die Büchse der Pandora", analysiert die größte spanische Tageszeitung El País.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!