Korruptionswahrnehmungsindex 2022: Deutschland stagniert
Korruption bleibt laut Transparency International ein Problem in Deutschland. Ein Schlaglicht warfen Skandale wie die Maskendeals, Cum-Ex oder Wirecard.
Um hier insgesamt Fortschritte zu erzielen, sei es wichtig, die Korruptionsbekämpfung in die Nationale Sicherheitsstrategie aufzunehmen, an der die Bundesregierung aktuell arbeitet, sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Alexandra Herzog. Konkret müssten etwa die Geldwäscheaufsicht und die Strafverfolgungsbehörden entsprechend ausgestattet werden. Ihre Stellvertreterin, Margarete Bause, sagte, Skandale wie die Maskenaffäre oder der Cum-Ex-Betrug hätten zwar ein Schlaglicht auf die in Deutschland existierenden Probleme geworfen, gehandelt werde aber stets „zu langsam, zu zögerlich und zu wenig ambitioniert“.
Zu den europäischen Ländern, bei denen die Kurve in den zurückliegenden zehn Jahren nach oben zeigte, gehören die baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland. Positiv wird auch die Entwicklung in Griechenland beurteilt, das zwar mit 52 Punkten immer noch nicht besonders gut dasteht, aber immerhin 16 Punkte hinzugewann.
Ganz anders sieht es laut Transparency International in Ungarn aus, das in diesem Index 2022 Bulgarien als den EU-Staat mit dem schlechtesten Wert ablöste. Ungarn sackte demnach im Zeitraum von zehn Jahren um 13 Punkte auf 42 Punkte ab und liegt damit auf einem Niveau mit unter anderem Kuwait und Vietnam.
Mit dem gleichen Tempo auf Talfahrt befindet sich die Türkei, die in dem Index aktuell einen Wert von 36 Punkten erreicht. Gegenüber dem Vorjahr verlor sie zwei Punkte. Seit 2012 büßte die Türkei 13 Punkte ein.
Eine wachsende Gefahr geht nach Einschätzung von Transparency International von autokratischen Staaten wie Russland, Aserbaidschan, Katar oder Marokko aus. Diese nutzten „strategische Korruption“, „um in unzulässiger Weise Einfluss auszuüben und ihre Interessen durchzusetzen“. Deutschland sei aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung neben den USA und den europäischen Institutionen eines der Hauptziele dieser Form der Korruption.
Lukrativer Posten für Schröder
Welche langfristigen Folgen diese Form der Einflussnahme durch staatliche Akteure haben kann, zeigt sich aus Sicht von Transparency International auch im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Der Verein, der sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat, stellt mit Blick auf Deutschland fest: „Russland baute über Jahre mit Hilfe massiver finanzieller Mittel ein Einflussnetzwerk auf Bundes- und Landesebene auf.“ Beispiele dafür seien nicht zuletzt lukrative Posten für den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) oder auch die Finanzierung der landeseigenen „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ sowie Desinformationskampagnen. Russland habe auf diesem Weg politische Entscheidungen, zum Beispiel in der Energiepolitik, beeinflusst und seine geostrategische Position gestärkt.
Schröder war nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik unter anderem Vorsitzender des Gesellschafterausschusses bei der Nord Stream AG. Später folgten Engagements als Präsident des Verwaltungsrats bei Nord Stream 2, als Aufsichtsrat beim russischen Ölkonzern Rosneft und als Aufsichtsrat beim britisch-russischen Ölkonzern TNK-BP, der mittlerweile zu Rosneft gehört.
Die Klimaschutzstiftung war Anfang 2021 vom Land Mecklenburg-Vorpommern gegründet worden, um den Klimaschutz zu fördern und zugleich die Fertigstellung der russisch-deutschen Gasleitung Nord Stream 2 aktiv zu unterstützen. Hauptfinanzierer der Stiftung war mit 20 Millionen Euro das Gazprom-Tochterunternehmen Nord Stream 2 AG, das Land stellte 200.000 Euro als Einlage bereit.
Transparency vergleicht international die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption im öffentlichen Sektor. In dem Ranking von 180 Staaten erreichte Deutschland im vergangenen Jahr Rang neun. Am besten schnitten 2022 Dänemark, Finnland, Neuseeland und Norwegen ab. Ausgewertet werden für den Index Daten von zwölf unabhängigen Institutionen, die sich auf die Analyse von Regierungsführung und Wirtschaftsklima spezialisiert haben. Steuerbetrug, Geldwäsche oder illegale Finanzströme im privaten Sektor werden nicht erfasst. Zu den Quellen, auf die sich der Index stützt, gehören unter anderem Untersuchungen der Bertelsmann Stiftung, der Afrikanischen Entwicklungsbank und des Weltwirtschaftsforums.
Auf den hintersten Plätzen des Index liegen stets Kriegs- und Konfliktregionen, deren staatliche Institutionen zerfallen sind. Das Schlusslicht bildete im vergangenen Jahr Somalia. Unter den letzten zehn waren unter anderem Syrien, der Jemen, Libyen, Venezuela und der Südsudan.
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