Korruptionsindex von Transparency: Der Grieche ist bestechlich
Nirgends in der EU wird so viel bestochen wie in Griechenland. Laut Transparency International macht auch Italien keine gute Figur.
BERLIN taz | Die Eurokrisenländer verschlechtern sich im diesjährigen Korruptionsranking von Transparency International (TI). Griechenland fiel laut der Antikorruptionsorganisation von Platz 80 auf 94 von insgesamt 176 Ländern. Deutschland erreicht zwar Platz 13, liegt aber damit relativ zu vergleichbaren Ländern wie 2011 nur im Mittelfeld des Rankings.
Im jährlich veröffentlichten Korruptions-Wahrnehmungs-Index (CPI) führt TI unabhängige Studien zur Korruption im öffentlichen Sektor zusammen. Es handelt sich bewusst nicht um eine empirische Zählung von Korruptionsfällen, sondern um die von Länderexperten sowie dort tätigen Wirtschaftsakteuren wahrgenommene Korruption. Die Skala reicht von 0 bis 100, wobei ein höherer Wert mehr Integrität bedeutet.
Index-Spitzenreiter 2012 sind Dänemark, Finnland und Neuseeland mit je 90 Punkten. Die letzten Plätze belegen Afghanistan, Nordkorea und Somalia mit je acht Punkten.
„Die Eurokrisenländer haben sich deutlich verschlechtert“, sagt Edda Müller, Vorsitzende von TI Deutschland. Griechenland erreichte im Ranking lediglich 36 Punkte und sackte damit gegenüber dem Vorjahr um 14 Positionen ab – im EU-Vergleich letzter Platz. Skandale wie der behördliche Verlust der Lagarde-Liste mit griechischen Steuerhinterziehern seien in die Bewertung eingeflossen sagt Müller. Auch Italien erreicht mit 41 Punkten nur Platz 72. Die Korruptionsprävention müsse bei den Reformen mehr Priorität bekommen, forderte sie.
Bundestag sitzt aus
„Die Wirtschaftskrise hat die Korruption in diesen Ländern verstärkt, das ist ein normaler Reflex“, sagt Friedrich Schneider, Korruptionsexperte von der Universität Linz. Staatsaufträge an Unternehmen würden durch Sparpakete seltener. Das könne zu mehr Bestechung führen.
Auch Deutschland wird von TI kritisiert. Es sei Zeit, die Glaubwürdigkeit der hiesigen Korruptionsbekämpfung zu stärken, sagte Müller. Sie verwies auf die immer noch nicht ratifizierte Antikorruptionskonvention der UN sowie auf die fehlende Verschärfung der Gesetze zur Abgeordnetenbestechung. Die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Parlamentariern müsse umgehend reformiert werden – nicht wie geplant erst nach der Bundestagswahl. „Das Aussitzen wichtiger Reformen durch die Mehrheit des Bundestages muss ein Ende haben“, betont Müller.
Der volkswirtschaftliche Schaden sei enorm, wenn die falschen Unternehmen Aufträge erhalten, sagt Schneider. Er hat den Korruptionsschaden für Deutschland 2012 errechnet: 150 Milliarden Euro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Lateinamerika und Syrien
Assads Freunde
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse