Korrpution & Waffenexport: Schwere Vorwürfe gegen Blair
Betrug in Britannien: Expremier Blair soll wegen eines lukrativen Waffengeschäfts mit Riad Ermittlungen gegen den Rüstungsbetrieb BAE gestoppt haben.
Der frühere britische Premierminister Tony Blair gehört nun wie seine Frau und seine Kinder der römisch-katholischen Kirche an. Sein Sprecher Matthew Doyle bestätigte am Samstag britische Medienberichte, wonach Blair konvertiert sei. Der 54-Jährige erhielt laut Kardinal Cormac Murphy OConnor, dem Oberhaupt der katholischen Kirche in England und Wales, die Kommunion am Freitagabend in London. Der Vatikan begrüßte Blairs Schritt.
DUBLIN taz Der damalige britische Premierminister Tony Blair hat im Dezember 2006 persönlich dafür gesorgt, dass die Korruptionsermittlungen gegen das Rüstungsunternehmen BAE Systems eingestellt wurden. Das kam am Wochenende heraus, weil bislang geheime Unterlagen einem Londoner Gericht vorgelegt werden mussten, nachdem die "Kampagne gegen Waffenhandel" Klage eingereicht hatte.
Blair hatte befürchtet, dass Saudi-Arabien die letzte Tranche der Bestellung von 72 Typhoon-Kampfflugzeugen im Wert von 6,4 Milliarden Euro stornieren könnte, falls die Korruptionsuntersuchungen weitergingen. Den größten britischen Waffendeal aller Zeiten hatte 1985 Prinz Bandar, Sohn des saudischen Verteidigungsministers Prinz Sultan, eingefädelt. BAE zahlte ihm mehr als eine Milliarde Pfund aus einer schwarzen Kasse.
Um die Bestechungsgelder aufzutreiben, hatte BAE mit Zustimmung der Saudis den Preis für die Flugzeuge um 32 Prozent erhöht. Wert war es die Sache allemal: Der Deal hat BAE in den vergangenen 20 Jahren mehr als 60 Milliarden Euro eingebracht.
Beamte vom britischen Betrugsdezernat kamen der Sache auf die Spur, doch im Dezember 2006 wurde die Untersuchung eingestellt. Man hatte bisher nur vermuten können, dass Blair dabei seine Hände im Spiel hatte. Nun liegen die Beweise vor.
Aus den bisher geheimen Papieren geht hervor, dass der Generalstaatsanwalt Lord Goldsmith zwei Mal vergeblich versuchte, Blairs Einmischungen abzuwehren. Sein Stabschef sagte dem Kabinettssekretär Gus ODonnell am 3. Oktober 2006: "Der Generalstaatsanwalt ist der festen Überzeugung, dass es nicht richtig wäre, die Untersuchung zu stoppen, wenn es solide Beweise gibt." Blair warnte in einem Brief vor dem "realen und unmittelbaren Risiko eines Zusammenbruchs der Kooperation zwischen Großbritannien und Saudi-Arabien im sicherheitstechnischen, nachrichtendienstlichen und diplomatischen Bereich". Blair verlangte, dass der Generalstaatsanwalt seine Untersuchung einstellt.
Goldsmith leistete weiter Widerstand. Die Einstellung der Ermittlungen könnte die Glaubwürdigkeit der Justiz schmälern und den Eindruck erwecken, man gebe Druck nach, sagte er. Blair wischte das vom Tisch: Es gehe um höhere Interessen. Außerdem verhinderte er, dass sich BAE als Kompromiss der minderschweren Korruption für schuldig bekennt.
Goldsmith knickte ein und versprach, eine "plausible Rechtfertigung für die Einstellung des Verfahrens" zu finden. Drei Tage später informierte er das Unterhaus, dass die Ermittlungen gegen BAE eingestellt worden seien, weil die Beweise für die Erhebung einer Anklage nicht ausreichten. Gegenüber Kollegen sagte Goldsmith, dass die "Komplizenschaft der Regierung" ans Licht käme, ginge die Untersuchung weiter. RALF SOTSCHECK
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