Konzertempfehlungen für Berlin: Es gibt immer guten Grund für Unruhe
Diee Woche bietet die Geschichte des slowenischen Punks, Deutsch-Pop, Indie und einen guten Packen an Neuer Musik. Da kann man gar nicht ruhig bleiben.
S lowenien zum Beispiel. Der Beitrag des kleinen zentraleuropäischen Landes zur Musik ist ja immens.
Da hat man etwa diese martialisch kostümierten Rumoristen von Laibach, die einst vom slowenischen Örtchen Trbovlje kommend die Welt immer aufs Neue mit ihrem Überwältigungsrock prüfen wollen. Und andererseits hat man den im slowenischen Dorf Begunje geborenen Slavko Avsenik, der mit seinen Original Oberkrainer die volkstümliche Musik ja erst erfunden hat. Und mit der Tümlichkeit und dem Totalitarismus dazu wäre man schon wieder im Spielfeld von Laibach, was eben heißt, dass man allein mit slowenischer Musik bereits für eine lange Zeit seinen Spaß haben kann – und dafür mag man am Freitag und Samstag sogar Laibach und die Oberkrainer links oder rechts liegen lassen und sich mal auf den Punk konzentrieren, wenn im Tommy-Weisbecker-Haus bei einem zweitägigen Festival die Geschichte des slowenischen Punks erzählt wird. Neben Lesungen, Filmen und einer Gesprächsrunde gibt es genug Livemusik, auch von slowenischen Bands, die bereits von Anfang an dabei waren, wie etwa Grupa 92 aus Ljubljana, bei der zu hören ist, dass das Slawische dem Punk gut steht (Tommy-Weisbecker-Haus, 7./8. 11.)
Laibach, man weiß es, ist übrigens der im einstigen Jugoslawien aus schlimmen Gründen gar nicht gern gehörte deutschsprachige Name von Ljubljana.
Ein anderes Fingerschnippen, nicht ganz so ungestüm, hat man auch am Freitag im Schokoladen – der ja bereits für sich eine Empfehlung ist, egal, wer oder was da gerade spielt –, wo die Erich Weinert Studioband ihr neues Album „Pankow Arpeggio“ vorstellt mit krumm tänzelnden Liedern, die dem Dave Brubeck über die Schulter linsen, mit Bossa-Schiebern und überhaupt einer Musik mit einem Easy-Listening-Twist und dem Tonfall von alten Amiga-Schlagerplatten. Schön seltsam. Als Besonderheit gibt es hier bei der Berliner Deutsch-Pop-Band noch eine Mundharmonika dazu (Schokoladen, 7. 11., 20 Uhr).
Ein weiteres aktuelles Album, das am Mittwoch im Festsaal Kreuzberg präsentiert wird: „Welcome to the Civilized World“ heißt das, wo man sich gleich fragt, wo das derzeit eigentlich sein soll. Musikalisch aber ist das kanadische Indierock-Duo Ghostwoman auf vertrautem Terrain unterwegs, in etwa die Garagenrockversion der Byrds, die an so Wegmarken wie den White Stripes oder Jon Spencer vorbei schrammt (Festsaal Kreuzberg, 21. 11., 20 Uhr).
Und noch einen ordentlichen Packen Neues, mit dem Neue-Musik-Festival Klangwerkstatt, das ja ein wenig im Schatten der sonstigen Berliner Institutionen in diesem Feld wie Ultraschall und MaerzMusik steht. Musikalisch gibt es da aber wenig Grund zu, der Titel der 35. Ausgabe ist „Unruhe“, dem Komponisten Helmut Lachenmann wird zum 90. Geburstag gratuliert oder die Klangwelten der Polarregionen hörbar gemacht. Was für Entdeckerreisen mit den Ohren, bei einem sehr entgegenkommenden Eintrittsniveau (verschiedene Orte, 7.–16. 11.).
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