Konzertempfehlungen für Berlin: Obacht vor den Sägesalmlern
Diese Woche kann man sich in Berlin auf zerschredderte Cumbia aus Kolumbien freuen. Und auf improvisierende Prominenz aller Art.
D ie Zeiten stehen immer noch auf Selbstoptimierung. Selbst wenn man an Beispielen wie Elon Musk längst sieht, wohin das führt. Apropos räuberisches Verhalten: Die Piranhas, die zur Familie der Sägesalmler gehören, gelten in dieser Hinsicht als höchst kriminell. Was ihnen vor die Zähne kommt, bleibt in der Regel nicht intakt. Dabei betätigen sich die Fische auch als „Gesundheitspolizei“, da sie durch den Verzehr von Tierkadavern gefährlichen Epidemien vorbeugen. Im Vergleich mit Musk stehen sie mithin weit besser da. Weit besser dastehen tun auch Los Pirañas aus Bogotá, die am Montag (31. 3., 19.30 Uhr) ins Gretchen einfallen.
Das Trio des Gitarristen Eblis Alvarez, des Bassisten Mario Galeano und des Schlagzeugers Pedro Ojeda nimmt sich die traditionelle kolumbianische Tanzmusik Cumbia vor, um sie ähnlich zu bearbeiten wie besagte Fische ihre Beute. Das, was hinterher übrigbleibt, klingt wunderbar psychedelisch, verspult und im guten Sinn nach Jazz. Was das alles mit Selbstoptimierung zu tun hat? Ihr soeben erschienenes Album heißt „Una Oportunidad Mas De Triunfar En La Vida“, übersetzt „Eine weitere Gelegenheit, um im Leben zu triumphieren“ (12 €/ 18 €/ 22 € plus Gebühren, Abendkasse 25 €).
Am selben Abend (20 Uhr) findet sich im KM28 hingegen erlesene Prominenz der Klangkunst ein. So wird die US-amerikanische Komponistin Olivia Block ihre „Songs for piano, voice and electronics“ vorstellen. Die Elektronik dürfte bei der Darbietung und der räumlichen Gestaltung des Klangs eine nicht unerhebliche Rolle spielen.
Ebenfalls auf seine Stimme, in dem Fall ergänzt durch Gitarre, greift der Musiker Paolo Thorsen-Nagel zurück. Ihm geht es nach eigenem Bekunden um die „Materialität“ des Klangs. Vermutlich ohne Gesang, dafür vollständig elektronisch wird der Beitrag von Jan St. Werner, unter anderem Teil des Duos Mouse on Mars und seit kurzem erster Professor für Pop-Musik an der Essener Folkwang-Hochschule.
Nach so viel konzeptueller und akademischer Schwere darf es am Mittwoch (2. 4., 20 Uhr) im Morphine Raum wieder etwas gelockerter zugehen. Dort kann man den ersten Klängen der neu gegründeten gruppo di improvvisazione giallo lauschen. Der Musiker Hanno Leichtmann hat für dieses von italienischen Giallo-Krimis und mutmaßlich auch vom improvisierenden Komponistenensemble Gruppo di Imporvvisazione Nuova Consonanza aus Rom inspirierte Projekt Verstärkung von der Pianistin Magda Mayas und den „Elektronikern“ Sara Persico und Valerio Tricoli geholt. Persico singt zudem, was sich bei Programm aber auch so gehört.
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