Kontrolle von Digitalkonzernen: Erfolg für das Bundeskartellamt

Der Onlinehändler Amazon klagt gegen besondere Kontrollen der Wettbewerbshüter. Doch der BGH sieht in denen offenbar kein Problem.

Portrait von Wolfgang Kirchhoff in Richterrobe im Juni 2020

Wolfgang Kirchhoff, der Vorsitzende des BGH-Kartellsenats Foto: Thorsten Gutschalk/imago

Karlsruhe taz | Die neuen Befugnisse des Kartellamts bei der Kontrolle von Digitalkonzernen verstoßen wohl weder gegen das Grundgesetz noch gegen EU-Recht. Das zeichnete sich bei der mündlichen Verhandlung am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ab. Geklagt hatte die Handelsplattform Amazon.

Im Januar 2021 ergänzte der Bundestag das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) um einen Paragraf 19a. Dieser sieht ein zweistufiges Verfahren vor. In einem ersten Schritt kann das Bundeskartellamt für bestimmte Unternehmen feststellen, dass sie „eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ haben.

Solche Feststellungen hat das Amt bisher für Alphabet/Google, Meta/Facebook, Amazon und Apple getroffen. In einem zweiten Schritt kann das Kartellamt gegen solche Unternehmen neue schneidige Instrumente nutzen, um zu verhindern, dass die Platzhirsch-Unternehmen jeden Wettbewerb ausschließen, zum Beispiel, indem sie eigene Angebote auf ihrer Plattform bevorzugen. Das Amt kann missbräuchliche Praktiken bereits untersagen, bevor sie konkret angewandt werden.

Amazon klagte gegen die Einstufung als ein derart wichtiges Unternehmen. Für solche Klagen ist der BGH ausnahmsweise in erster Instanz zuständig. Bei der mündlichen Verhandlung an diesem Dienstag ging es zunächst nur um die Frage, ob Paragraf 19a gegen das Grundgesetz und EU-Recht verstößt. Der BGH wird wohl beides verneinen, ließ Wolfgang Kirchhoff, der Vorsitzende des BGH-Kartellsenats durchblicken. Das Sonderrecht für Digitalkonzerne verletze wohl nicht das Grundrecht auf Berufsfreiheit, sondern sei durch die Besonderheiten und die Wichtigkeit dieser Märkte gerechtfertigt.

Als nächstes vermutlich der EuGH

Auch verstoße der neue GWB-Paragraf nicht gegen den ähnlich gelagerten Digital Markets Act (DMA) der EU. Die EU-Verordnung soll zwar verhindern, dass jeder EU-Staat mit eigenen unterschiedlichen Regeln gegen die Marktmacht der Digitalkonzerne vorgeht. Die deutsche Norm falle aber unter eine Ausnahmebestimmung und sei deshalb zulässig, so Kirchhoff.

Dennoch wird der BGH den Fall vermutlich dem EuGH vorlegen. Der EU-Gerichtshof soll klären, ob Deutschland die neuen Befugnisse des Kartellamts hätte notifizieren (das heißt vorankündigen) müssen. Bis zur Klärung will BGH-Richter Kirchhoff, das Verfahren aber nicht (wie sonst üblich) aussetzen, sondern „wegen der gewaltigen Komplexität des Falles“ fortsetzen.

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