Konsum ist zu hoch: Der Fisch stirbt

Mehr als drei Viertel der weltweiten Fischbestände sind ausgebeutet und überfischt, sagt die Umweltorganisation WWF. Am meisten gefährdet ist danach der Rotbarsch.

Illegale Fischerei und Verschwendung des gefangenen Fischs setzen den Beständen immer mehr zu. Bild: ap

Die Deutschen haben 2007 mehr Fisch denn je gegessen - im Schnitt kaufte jeder Bundesbürger 16,4 Kilo. Kabeljau, Thunfisch, Seezunge sind lecker - und bald rar in der Küche. Denn gut drei Viertel aller Fischbestände seien von den hochindustrialisierten Flotten bedroht, warnt die Umweltorganisation WWF. Am Montag listete sie die unappetitlichen Seiten von Fischgerichten auf, in der Studie: "Fisch in Teufels Küche". Erstens: das "Kabeljau Schlemmerfilet".

Kabeljau - lange Zeit vor allem zu Fischstäbchen verkocht - gilt als bestes Beispiel, wie schlecht es dem Fisch geht. Früher zogen die Fischer Exemplare aus Nord- und Ostsee, die stolze 100 Kilo auf die Waage brachten. Heute werden die Tiere nicht so groß. "Kleingefischt und wegpaniert", so der WWF. Die Fische landen im Kühlregal, bevor sie sich fortpflanzen konnten. Experten wie der Kieler Meeresbiologe Rainer Froese schätzen, dass 150.000 Tonnen Kabeljau in der Nordsee schwimmen müssen, damit sich der Bestand hält. Derzeit sind es allenfalls 70.000 Tonnen. Zweitens: Seezunge, einer der teuersten Speisefische. Der WWF spricht von "riesiger Verschwendung", wenn die Delikatesse gefangen wird.

So würden für ein Kilo Seezunge bis zu sechs Kilogramm Babyschollen weggeschmissen. Das klingt paradox, in Zeiten, in denen Fisch schwindet. Seezunge lässt sich jedoch besonders gut verkaufen. Fischer reservieren für sie den Laderaum - und schmeißen anderes Meeresgetier, das sich im Netz verheddert hat, über Bord. Es stirbt dabei. Die Nordsee sei ein "Grab für frischen Fisch", kritisiert der WWF. Ein Drittel des Fangs würden nicht an Land gebracht, darunter viele leckere Fische - ihr Wert wird auf 60 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.

Drittens: Tunfisch, der in Sushi, Pizza oder Salat Niçoise landet. Im Jahr 2006 wurden zehnmal so viel Tonnen Tunfisch gefangen wie noch in den 1950er Jahren. So sind die Bestände in den letzten Jahren um bis zu 90 Prozent geschrumpft. Großes Problem: die illegale Piratenfischerei. Gut 45.000 Tonnen Roter Tun kamen 2005 aus der Mittelmeerregion auf den Markt - 40 Prozent mehr als genehmigt.

Der WWF rät, pazifischen Kabeljau zu kaufen, der das Siegel des Marine Stewardship Council trägt, eines unabhängigen Unternehmens, das mal vom WWF und Unilever initiiert wurde. Das Logo Fisch auf blauem Grund. Es soll garantieren, dass die Ozeane geschont wurden. Auch Seezunge und Tunfisch gibt es mit dem Label. Vom Rotbarsch raten die Umweltschützer ab, weil "beim Fang des Tiefseefischs mit Grundschleppnetzen Jahrtausende alte Kaltwasserkorallen zerstört werden". Auch Schillerlocken sollten vom Speisezettel gestrichen werden. Sie bestehen aus Dornhai, der vom Aussterben bedroht ist. Ebenso braucht der Aal Erholung. Schrimps empfehlen die Umweltschützer nur aus Öko-Aquakultur. Eismeergarnelen aus dem Nordostatlantik seien auch okay, ihr Fang und Bestand in Ordnung.

Falls weiter gefischt wird wie bisher, bricht die kommerzielle Fischerei bis 2050 zusammen - es gibt einige Wissenschaftler, die so seit langem warnen. EU-weit hängen rund 500.000 Jobs an der Fischerei, vor allem in Frankreich, Spanien und Dänemark. Am Donnerstag legen die EU-Fischereiminister die Fanquoten für das Jahr 2009 fest. Umweltschützer hoffen, dass sie verbieten, einmal gefangenen Speisefisch wieder über Bord zu werfen. WWF-Expertin Karoline Schacht meint: "Nur wenn Fisch da ist, wird es Fischer geben."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.