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Konstruktiver JournalismusEinfach immer positiv

Im Herbst startet das neue Onlinemedium „Positive Daily“, betrieben von Wissenschafter*innen. Es steht für einen lösungsorientierten Journalismus.

Manchmal ist die gute Nachricht leicht zu erkennen. Foto: dpa

„Haben Sie kurz Zeit für einen Wissenstest?“ Noch schnell ein „bisher hat niemand alle Fragen richtig beantwortet“ nachgeschoben und die meisten Menschen packt der Ehrgeiz.

Frage Nummer 1: Wie viele Menschen können weltweit lesen und schreiben? a) 40 Prozent b) 60 Prozent c) 80 Prozent. Frage Nummer 2: Wie hat sich die Zahl der Toten durch Naturkatastrophen seit 1970 weltweit entwickelt? a) Mehr als verdoppelt b) ungefähr gleich geblieben c) auf weniger als die Hälfte gesunken.

Die richtigen Antworten lauten „80 Prozent“ und „auf weniger als die Hälfte gesunken“. Hätten Sie es gewusst? Die Mehrheit einer nationalen Umfrage lag falsch. Unsere Stichprobe zeigt ein ähnliches Bild. Die Antworten der meisten Befragten waren zu negativ.

Woher kommt diese düstere Weltsicht? Die Antwort liefern viele der Befragten am Ende selber: „Das liegt an den Medien. Die berichten immer über die schlechten Dinge.“ Negative Nachrichten über Kriege, Katastrophen und Skandale dominieren die Berichterstattung. Die Folgen: ein zu negatives Weltbild, das nicht der Realität entspricht, Stress, Hilflosigkeit und Zynismus. Nicht selten wenden sich Menschen vollständig von den Medien ab.

Handlungsbereitschaft wird erhöht

Eine Alternative bietet der konstruktive Journalismus. International sorgt er gerade für Aufsehen. Dabei werden neben Problemen und Herausforderungen auch bereits umgesetzte oder mögliche Lösungen diskutiert. Erste Studien haben gezeigt: Texte mit Lösungen führen bei den Leser*innen zu mehr Verständnis, positiven Emotionen und einer erhöhten Handlungsbereitschaft. Das heißt: Die Auswirkungen sind gegenteilig zu denen, die die problemfokussierte Berichterstattung auslöst.

Die internationale Medienlandschaft kennt bereits zahlreiche Beispiele für aufstrebende, konstruktive Angebote. Besonders erfolgreich sind De Correspondent aus den Niederlanden und Positive News aus Großbritannien. In Deutschland befindet sich aktuell das erste konstruktive Onlinemedium im Aufbau. Positive Daily möchte lösungsorientiert über die wichtigen Fragen unserer Zeit berichten. Das Besondere: Das dahinterstehende Gründerteam besteht aus Wissenschaftler*innen mit journalistischer Erfahrung.

taz zum Wandel

Unter dem Motto „Wir können auch anders” findet vom 5. bis 13. September 2015 in Berlin eine Wandelwoche mit anschließendem internationalen Kongress zur Solidarischen Ökonomie statt, die „Solikon 2015“.

In bewährter taz-Tradition kommt es aus diesem Anlass zu einer freundlichen Übernahme der Redaktion durch die beteiligten Gruppen. Sie werden die Wochenendausgabe vom 5./6. September 2015 produzieren. Ihr gemeinsames Thema: Die große Transformation. Dieser Beitrag ist Teil der 28-seitigen Sonderausgabe.

Mehr Informationen

Die eigenen neurowissenschaftlichen und psychologischen Forschungsergebnisse werden genutzt, um Verständlichkeit und Lesevergnügen zu erhöhen. Der Start erfolgt im Herbst im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne. Es wird keine Werbung geben, sondern die Publikation finanziert sich durch die Mitglieder. So soll sich Positive Daily langfristig tragen.

Besonders wichtig ist den Gründer*innen, Zusammenhänge zu erklären. Die Nachrichten seien ein wenig wie eine Büchersammlung, beschreibt Philosoph und Bestsellerautor Alain de Botton. Doch unsere bisherige Art, sie zu konsumieren, sei dem Gegenstand gegenüber völlig unangemessen.

Denn statt ein Buch vollständig zu lesen, dürfen wir in der vorherrschenden Medienarchitektur aus jedem Buch nur einen zufällig gewählten Satz herausgreifen, bevor es uns wieder entrissen werde. Das Ganze sei sehr unordentlich. Mithilfe der digitalen Möglichkeiten möchten die Initiator*innen von Positive Daily nun ein wenig „Ordnung schaffen“.

Die Autorin ist Mitinitiatorin des Projekts „Positive Daily“

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1 Kommentar

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  • Nur mal so als Nachdenkhinweis: wenn die richtigen Antworten die positivsten sind, ist es unvermeidlich, daß das Ergebnis negativer als die Wahrheit sein muß. Das macht dann eher den Eindruck, als sollte hier ein 'Friede, Freude, Eierkuchen'-Journalismus angepriesen werden.

     

    Ich bewundere das Engagement was die (wie ich meine) Wiederbelebung von "konstruktivem" Journalismus angeht und wünsche mir dann doch lieber die Perspektive von jemandem der nicht 'embedded' ist und von dem so kaum eine distanzierte Sicht auf die erwünscht konstruktive Arbeit möglich ist. Das führt das Ganze ad absurdum.