Konsequenzen aus den Schulschließungen: Verriegeln reicht nicht

Auch die Schulen brauchen ein milliardenschweres Hilfsprogramm. Sonst werden zu viele Kinder abgehängt.

Ein Junge sitzt an einem Schreibtisch und lernt

Nicht bei allen klappt der Unterricht von zu Hause aus – es mangelt an Material und Unterstützung Foto: Jörn Wolter/imago

Echt fies. Wenige Minuten bevor Baden-Württemberg verkünden wollte, dass Schulen und Kitas wieder öffnen, durchkreuzte die Virusmutante den Plan. Nun verzichten auch andere Länder auf geplante Öffnungen oder verschärfen den Zugang zur Notbetreuung. Doch Häme oder Erleichterung sind nicht angesagt. Vielmehr müssen alle Alarmglocken schrillen.

Es rächt sich, dass das Virus die Bil­dungs­po­li­ti­ke­r:in­nen vor sich her treiben konnte, statt dass diese früh einen Plan B angingen: Wie kann ein Schuljahr ohne Präsenzunterricht funk­tio­nie­ren? Dazu gehören verbindliche und bundesweit geltende Kriterien, ab wann Schulen geschlossen werden. Das heißt auch, Lernstoff zu priorisieren und Druck rauszunehmen, indem eine Benotung ausgesetzt wird.

Aber vor allen muss man verhindern, dass eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen abgehängt wird. In Gefahr sind vor allem jene, denen nicht alles zufällt oder deren Eltern keine teuren Nachhilfestunden buchen können. Im Jahr vor Corona legte die Pisa-Studie offen, dass jede fünfte 15-Jährige nur rudimentär lesen kann. Der Anteil dieser funktionalen An­alphabeten dürfte in Zeiten geschlossener Schulen wachsen.

Um gegenzusteuern, reicht es nicht, dass viele Länder die Abschlussprüfungen verschieben oder den Schü­le­r:in­nen anbieten, das Schuljahr freiwillig zu wiederholen. Das schiebt die Verantwortung dem Einzelnen zu.

Auch die Schulen brauchen – wie die Wirtschaft – ein milliardenschweres Hilfsprogramm. 500 Millionen für Laptops sind ein guter Anfang. Aber weder hat nun je­de:r Schü­le­r:in ein Gerät, noch klappt das Lernen zu Hause reibungslos. Wie Kliniken und Gesundheitsämter brauchen die Schulen, vor allem die in sozialen Brennpunkten, personelle Verstärkung – um Kinder online beim Lernen zu unterstützen und Leh­re­r:in­nen und Er­zie­he­r:in­nen zu entlasten. Das kann die Studierende sein, die Nachhilfe anbietet, die Schauspieler:in, die mit Schü­le­r:in­nen Stücke schreibt, oder jemand, der die Videokonferenz zum Laufen bringt. Und schnell muss es gehen. Es brennt.

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Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.

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