Kongolesische Straßenkunst in Berlin: Freundliche Übernahme aus Kinshasa

Im Kunsthaus Acud arbeiten deutsche und kongolesische Künstler*innen zusammen, um die Straßenkunst des Kongos nach Berlin zu bringen.

Ein Gruppenbild einiger Künstler*innen des Yambi-Projekts im Acud

Orakle Ngoy (l.), Lucile de Witte, Lova Lova, Matti Schulz und Chris Shongo besetzen das Acud Foto: Jan Durina/Acud macht neu

Im Innenhof des Kunsthauses Acud steht eine lange Tafel, es duftet nach Bohnen und Hähnchen. Im Hintergrund zeigt Orakle Ngoy ein Musikvideo. Die Rapperin aus dem Kongo vereint Zeilen auf Französisch und der traditionellen Sprache Lingala: In ihren Songs geht es unter anderem um Gewalt an Frauen in ihrem Dorf. Der Stil wirkt aggressiv, entschlossen. Kongolesische Musik sei stark von Rumba geprägt, seit einigen Jahren sei der HipHop aber auf dem Vormarsch.

Sechs Künstler*innen aus der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo und aus Berlin besetzen seit August das Kunsthaus Acud in einer freundlichen Übernahme. Ihr Projekt heißt Yambi. Sie möchten die performative Kunst Kinshasas auf die Straßen Berlins tragen. „In Kinshasa sind die Künstler für die Leute da, sie genießen ein hohes Ansehen“, erklärt Matti Schulz. Kunst spielt sich auf der Straße ab, wo sie jede*r genießen könne.

Zum Fufu-Dinner am Montagabend sind rund 50 Gäste gekommen, die auf Französisch, Englisch und Deutsch miteinander diskutieren. „Fufu ist ein Grundnahrungsmittel im Kongo“, sagt Matti Schulz. Es wird aus Maniok- und Maismehl hergestellt und zu Kugeln gepresst. Als Beilagen gibt es Bohnen, Spinat, Cassava und Hähnchenschenkel. Das Fufu hat er in Kinshasa kennengelernt, als er dort vor zwei Jahren als Künstler arbeitete.

Während seiner Zeit in Kinshasa traf er die anderen Künstler*innen. Sie wurden Freund*innen und kamen auf die Idee, einen künstlerischen Austausch zu organisieren. Schulz ist bildender Künstler, schafft Skulpturen. Teil des Projekts ist auch Henrike Naumann. Sie stellt ein Filmprojekt über die Sapeurs vor, eine Straßenbewegung in Kinshasa. Und dokumentiert das Projekt mit den anderen Künstler*innen.

Die Ausstellung im Acud macht neu, Veteranenstr. 21, wird am 30. August um 18 Uhr eröffnet. Anschließend ist sie dort bis zum 14. September zu sehen, jeweils von Donnerstag bis Samstag, 14 bis 19 Uhr.

Kunst ist in Kinshasa oft politisch

„Yambi heißt willkommen“, sagt Chris Shongo. Er ist Designer und Fotograf. Seine Kunst entsteht aus recycelten Alltagsgegenständen, sein neustes Kostüm besteht aus Wasserbeuteln. „Ich bringe die Dinge in einen neuen Zusammenhang“, sagt er. Seine Kunst ist politisch, das ist in Kinshasa keine Seltenheit: Neben Graffiti in Kinshasas Straßen hat er auch Fotoserien mit Menschen mit Albinismus oder Straßenkindern gemacht. „Ich repräsentiere sie durch meine Kunst und schaffe eine Plattform“, sagt er.

Wilfried Luzele Vuvu aka Lova Lova ist Sänger und Ngunza-Guru. Er versucht, bunte Melodien und Rhythmen aus Rock, Rumba oder Ragga mit traditionellen Einflüssen zu verbinden. Seine Musik reicht von lautem Sprechgesang bis hin zu melodischen Parts, in denen er sich in Trance singt. „Mit den lauten Rufen beschwöre ich die Ahnen“, sagt er. Nebenbei erschafft er Gegenstände aus verschiedenen Materialien, die er als Schmuck für seine Auftritte verwendet. Sein Markenzeichen ist eine Brille aus zwei Maisdosen.

Lucile de Witte ist in Frankreich geboren, inzwischen aber in Kinshasa zu Hause. Für die Ausstellung hat sie eine Skulptur geschaffen, die an eine Statue in Kinshasa erinnern soll: Sie stellt zwei Hände dar, die eine Weltkugel halten. Die Symbolik wird sie bei der Eröffnung erklären. Zudem übt sie auf einem Miniaturklavier die kongolesische Nationalhymne ein. „Ich werde mich bestimmt verspielen, aber das symbolisiert meine Integrationsversuche“, sagt sie.

Gefördert wird das Projekt vom Goethe-Institut. Das Konzept sieht vor: Zunächst leben die Künstler*innen unter einem Dach, daneben veranstalten sie Events und Konzerte. Jede*r Künstler*in arbeitet selbstständig, aus den individuellen Arbeiten entsteht ein Kollektiv: in der Acud-Galerie, im Innenhof und auf der Straße. Bis zur Ausstellungseröffnung am 30. August wird im Kunsthaus noch gearbeitet. Im Dezember soll die Ausstellung dann auch in Kinshasa gezeigt werden.

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