Konflikt zwischen Ruanda und Kongo: Friedenstöne statt Kriegsdrohungen
Die Staatschefs der verfeindeten Länder Ruanda und Kongo haben einen Waffenstillstand beschlossen. Der bröckelt schon am nächsten Tag.
Die Region atmet zunächst erleichtert auf. Unter Vermittlung des regionalen Staatenbundes ICGLR (Internationale Konferenz der Großen Seen) und dessen Vorsitzenden, João Lourenço, dem Präsidenten Angolas, ist es am Mittwoch gelungen, eine etwaige militärische Eskalation des schwelenden Konflikts im Herzen des Kontinents abzuwenden – vorerst zumindest.
Kongo wirft seit Wochen dem Nachbarland Ruanda vor, die Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) zu unterstützen, die im Osten des Landes einen strategischen Landstrich im Dreiländereck rund um die Vulkane erobert haben, wie schon im Jahr 2012. Umgekehrt wirft Ruanda der kongolesischen Armee vor, mit der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu koalieren, die sich seit über 20 Jahren im Kongo verschanzt hat. Unter ihnen tummeln sich noch immer einige Täter des Völkermordes an den Tutsi in Ruanda 1994. Auf beiden Seiten waren in den vergangenen Wochen Kriegspropaganda und Hassreden befeuert worden.
Jetzt haben die beiden verfeindeten Staatschefs bei ihrem Treffen in Angola einen Fahrplan ausgearbeitet, wie sich die Konflikte lösen lassen könnten. Sieben Seiten umfasst das Dokument. Darin sind Punkte gelistet, die beide Parteien erfüllen müssen.
FDLR als „Ursprung der Spannungen“
Die M23-Rebellen sollen laut den Forderungen des Kongo sämtliche Kampfhandlungen einstellen und sich aus dem eroberten Gebiet zurückziehen. Dafür erklärt sich Tschisekedi bereit, mit der M23 zu verhandeln. Die Gespräche mit den Rebellen in Kenias Hauptstadt Nairobi waren jüngst gefloppt, als Tschesekedi die Tutsi-Rebbellen zu „Terroristen“ erklärt hatte. Dieser Begriff taucht nun im Fahrplan nicht mehr auf – eine bemerkenswerte Kehrtwende. „Ich hoffe und warte auf einen Prozess, der einen unmittelbaren Waffenstillstand sowie einen Rückzug aus den eroberten Gebieten umfasst“, so Tschisekedi auf der Pressekonferenz in Luanda
Ruanda fordert wiederum den „Sieg“ über die Hutu-Miliz FDLR und all ihren Splittergruppen. In der jetzigen Erklärung steht ausdrücklich, die FDLR sei der „Ursprung der Spannungen“ zwischen den beiden Nachbarn und „trage eine Hauptverantwortung für die Unsicherheit im Kongo“. Auch diese Anerkennung ist neu.
Beide Staatschefs sichern zu, das vor zwei Jahren gestartete gemeinsame Geheimdienst-Team wiederzubeleben, welches die gegenseitigen Anschuldigungen untersucht. Dieses Team soll auch die „praktischen Modalitäten“ aufsetzen, um die FDLR zu bekämpfen und sich bereits nächste Woche in Luanda treffen.
Bomben trotz Waffenstillstand
Angola und die ICGLR-Staaten sollen all diese Aktivitäten unabhängig überwachen. „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir unserer Ansicht nach positive Ergebnisse erzielt haben, indem wir uns unter anderem auf einen Waffenstillstand geeinigt haben“, sagte Lourenco auf einer Pressekonferenz.
Das Problem bleibt nun die Umsetzung des Abkommens. Dies scheiterte bereits am Donnerstagmorgen, als Kongos Armee anfing, die M23-Positionen zu bombardieren. Die Rebellen schlugen zur „Selbstverteidigung“ zurück, wie sie es nennen. Der M23-Präsident Bertrand Bisimwa sagte der taz: „Die Vereinbarungen betreffen uns nicht. Wir haben nichts unterschrieben.“
Der Grund dafür liegt in der Schwäche von Präsident Tschesekedi: In seiner Armee haben Generäle das Sagen, die keine Einigung mit der M23 wollen. Es ist wahrscheinlich, dass diese den Prozess von Innen heraus sabotieren werden.
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