Konflikt zwischen Israel und Hamas: Offenbar erneut UN-Schule getroffen
Der entführt geglaubte israelische Soldat ist tot. Die Armee zieht sich vorläufig in einen schmalen Sicherungsstreifen in Gaza zurück. Zeugen melden Tote in einer UN-Schule.
TEL AVIV/GAZA dpa/afp | Fast vier Wochen nach Beginn der Offensive im Gazastreifen hat Israel seine Bodentruppen aus weiten Teilen des Palästinensergebiets abgezogen. Die Verbände sollten aber nicht ganz abrücken, sondern eine schmale „Sicherheitszone“ im Grenzgebiet schaffen, berichteten israelische Medien am Sonntag.
Der entführt geglaubte israelische Leutnant Hadar Goldin ist nach Angaben des Militärs seit Freitag tot. Wie die israelischen Streitkräfte am frühen Sonntagmorgen mitteilten, starb der 23-Jährige bei Kämpfen im Gazastreifen. Die Familie des Soldaten sei unterrichtet worden.
Die israelische Luftwaffe setzte auch am Sonntag ihre Angriffe im Gazastreifen fort. 15 Menschen seien bei Luftschlägen in verschiedenen Orten des Gazastreifens getötet und mehr als 20 weitere verletzt worden, teilte ein Sprecher des palästinensischen Gesundheitsministeriums mit. Bei einem erneuten Angriff auf eine UN-Schule im Gazastreifen wurden nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte zudem mindestens sieben Menschen getötet.
Bei dem Angriff auf das Schulgebäude in der Grenzstadt Rafah, in dem palästinensische Flüchtlinge Schutz gesucht hätten, seien auch 30 Menschen verletzt worden. Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) erklärte, ersten Berichten zufolge seien Geschosse nahe einer Schule mit 3.000 Schutzsuchenden eingeschlagen. Militante Palästinenser feuerten unterdessen weiter Raketen auf israelische Ortschaften.
„Moralische Schandtat und kriminieller Akt“
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den neuerlichen Beschuss einer UN-Schule im Gazastreifen durch die israelische Armee als „weitere schockierende Verletzung des Völkerrechts“ kritisiert. „Es ist eine moralische Schandtat und ein krimineller Akt“, sagte Ban am Sonntag in New York.
Das internationale Recht fordere klar den Schutz von Zivilisten, UN-Mitarbeitern und UN-Einrichtungen. „Zufluchtsräume der Vereinten Nationen müssen sichere Zonen, nicht Kampfzonen sein.“ Bei dem Beschuss des mit Flüchtlingen überfüllten Campus der Schule waren zehn Menschen getötet worden.
„Die israelische Armee ist mehrfach über den Standort der Schule informiert worden„, erklärte Ban. „Dieser Angriff und andere Verstöße gegen das Völkerrecht müssen rasch aufgeklärt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden.“ Ban forderte Israel und die radikal-islamische Hamas auf, die Kämpfe umgehend zu beenden. „Dieser Wahnsinn muss aufhören.“
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Samstagabend angekündigt, die Armee werde sich nach der Zerstörung der Tunnel im Grenzgebiet neu positionieren. Namentlich nicht genannte Militärs betonten jedoch, die am 8. Juli begonnene Offensive in dem Küstenstreifen am Mittelmeer sei damit noch nicht beendet.
Neue Lagebewertung steht an
Israel hatte mit einem massiven Armee-Einsatz nach dem Soldaten Goldin gesucht, den militante Palästinenser am Freitag im Gazastreifen entführt haben sollten, und eine eben erst begonnene Waffenruhe für gescheitert erklärt. Ganze Truppenformationen durchkämmten im südlichen Gazastreifen im Bereich von Rafah Häuser und verdächtige Orte, unterstützt von Artilleriefeuer. Die Al-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, bestritten am Samstagmorgen, den Soldaten in ihre Gewalt gebracht zu haben.
Nach Angaben des israelischen Militärs arbeitete die Einheit Goldins an der Zerstörung eines sogenannten „Terror-Tunnels“, als militante Palästinenser sie angriffen. Demnach zündete einer von ihnen eine Sprengstoffweste, wie sie Selbstmordattentäter verwenden. Zwei israelische Soldaten wurden dabei getötet. Goldin habe bei der Explosion direkt neben den beiden gestanden, sagte ein hoher israelischer Offizier nach Medienangaben vom frühen Sonntagmorgen.
Netanjahu und die Hamas hatten vor dem Bekanntwerden der Nachricht vom Tod des Soldaten eine Fortsetzung der Kämpfe angekündigt. „Die Armee wird so lange im Einsatz sein, bis sie ihre Arbeit getan hat“, sagte Netanjahu. Eines der Hauptziele Israels, die Vernichtung der Angriffstunnel der Hamas, sei bald erreicht. „Wir sind dabei, die Zerstörung der Tunnel zu vollenden.“ Danach werde Israel die Lage neu bewerten und weitere Schritte entsprechend seinen Sicherheitsbedürfnissen unternehmen, fügte Netanjahu hinzu.
„Bewaffneter Widerstand geht weiter“
Hamas-Sprecher Fawsi Barhum erklärte, der „bewaffnete Widerstand wird weitergehen, bis er seine Ziele erreicht hat“.
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi rief die Konfliktparteien dazu auf, sich so schnell wie möglich einer früheren ägyptischen Waffenstillstandsinitiative anzuschließen. Eine palästinensische Delegation traf am Samstagabend zu möglichen Verhandlungen über eine Waffenruhe in Kairo ein. Hamas-Politiker gehören nach ägyptischen Angaben nicht zu der Gruppe.
Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden in Gaza seit dem 8. Juli mehr als 1700 Palästinenser getötet. Über 9000 Menschen wurden demnach verletzt. Laut UN-Nothilfeorganisation Ocha hat die Gewalt fast jeden vierten Einwohner im Gazastreifen in die Flucht getrieben. Mehr als 254 000 der 1,8 Millionen Palästinenser hätten Zuflucht in eine der 90 UN-Unterkünfte gesucht. Auf israelischer Seite wurden 64 Soldaten und drei Zivilisten getötet.
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