Verteidigungs­minister Israels wieder im Amt

Nachdem er Ende März gefeuert wurde, kehrt Gallant aufgrund der prekären Sicherheitslage zurück

Aus Tel Aviv Judith Poppe

Der gefeuerte israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant ist zurück im Amt. Das verkündete Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer Rede an die Nation am Montagabend. Netanjahu hatte seinen Parteifreund und Verteidigungsminister vor zwei Wochen entlassen, nachdem dieser gefordert hatte, die umstrittene Justizreform vorerst auf Eis zu legen.

Seine Begründung dafür: Durch die innenpolitische Krise werde Israel sicherheitspolitisch geschwächt und die Israel feindlich gesinnten Länder könnten dies ausnutzen, um das kleine Land am Mittelmeer anzugreifen. Die vergangene Woche war von Raketen aus dem Gazastreifen, Libanon und Syrien geprägt. Hinzu kamen zwei Anschläge am vergangenen Freitag, in deren Folge drei Israelis und ein italienischer Tourist starben.

Gallants Entlassung am 26. März hatte die Massenproteste gegen die Justizreform auf ein neues Niveau gehoben und führte schließlich dazu, dass die Regierung die geplante Reform vorerst aussetzte.

Es hagelte Kritik an der Regierung von allen Seiten – und Umfrageergebnisse, die Netanjahu zum Schlottern gebracht haben dürften. Seine Likudpartei allein verlor zwölf Sitze, die jetzige Regierungskoalition wäre dem Untergang geweiht, gäbe es Neuwahlen.

Gallant reagierte auf seine Rückkehr mit einem Tweet, der Einigkeit signalisieren sollte: „Wir machen zusammen weiter mit voller Kraft, um Israels Sicherheit willen.“ Doch Netanjahu ist weit davon entfernt, die Verantwortung für die Eskalation bei seiner Regierung zu suchen. Die Schuldigen in seiner Rede an die Nation waren klar: Die anderen – die Opposition und alle, die sich den Plänen der Justizreform in den Weg stellen.

Netanjahu sprang außerdem auf eine Argumentation auf, die unter Rechten die Runde macht: Die derzeitigen Angriffe auf Israel seien auf einen Deal zurückzuführen, den die vorherige Regierung unter dem jetzigen Oppositionsführer Yair Lapid im Oktober letzten Jahres unterzeichnet hat: In dem Abkommen haben sich Libanon und Israel über die Demarkation der Seegrenze im Mittelmeer geeinigt und damit ihren Streit um Offshore-Gasfelder beigelegt. Netanjahu sagte, die vorherige Regierung habe Schwäche gezeigt und Israels Feinde ermutigt. Auch behauptete er fälschlicherweise, dass das Abkommen mit der libanesischen Hisbollah-Miliz geschlossen worden sei.

Den Reservesoldat*innen, die angesichts der Justizreform ihren Dienst verweigern, warf er vor, den „Feinden Israels eine Gelegenheit zum Angriff“ auf Israel zu bieten.

Lapid von der zen­tristischen Zukunftspartei begrüßte die Kehrtwende Netanjahus. Im gleichen Atemzug warf er Netanjahu vor, „vor der Nation die Kontrolle zu verlieren“, während „unsere Feinde weiterhin wertvolle Menschenleben fordern und das Blut unserer Brüder und Schwestern auf den Straßen vergossen wird“.

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