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Konflikt in der UkraineRussische Soldaten gefechtsbereit

Die von Poroschenko verkündete Waffenruhe im Osten der Ukraine wird nicht eingehalten. Und Russland macht derweil zehntausende Soldaten kampfbereit.

Prorussische Kämpfer auf dem Weg Richtung Donezk. Bild: ap

WASHINGTON/KIEW ap | Die von Präsident Petro Poroschenko einseitig verkündete Waffenruhe hat die Scharmützel in der Ostukraine nicht beendet. In der Nacht zum Samstag wurden nach ukrainischen Angaben zwei Grenzposten in der Region Donezk angegriffen. Das Kiewer Verteidigungsministerium meldete zudem zwei Attacken auf Gebäude einer Raketeneinheit. Russland setzte am Samstag ein weiteres Signal militärischer Stärke: Im Zentrum des Landes wurden Truppen in Gefechtsbereitschaft versetzt.

Russische Nachrichtenagenturen meldeten, Präsident Wladimir Putin habe das Militär in Zentralrussland in Gefechtsbereitschaft versetzt. Betroffen ist die Region an der Wolga und am Ural, mehrere Hundert Kilometer östlich der Ukraine. Die Anordnung soll für eine Woche bis kommenden Samstag gelten, wie Verteidigungsminister Sergej Schoigu laut russischen Staatsagenturen sagte.

65.000 Soldaten nähmen währenddessen an einem einwöchigen Manöver teil, ergänzte der Chef des russischen Generalstabs, Waleri Gerassimow. Dazu würden mehrere Tausend Soldaten einer Luftlandeeinheit von ihrem Posten 200 Kilometer östlich von Moskau in den Ural verlegt.

Wie Putins Befehl mit der Ukraine-Krise zusammenhängt, blieb zunächst offen. Die Nato hatte am Donnerstag erklärt, Russland ziehe erneut Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammen. US-Regierungssprecher Josh Earnest hatte diese Berichte als beunruhigend bezeichnet und die Warnung an Moskau gerichtet: „Wir werden die Anwendung militärischer Gewalt durch Russland in der Ostukraine nicht akzeptieren – unter welchem Vorwand auch immer.“

Putin unterstützt Waffenruhe

Der russische Präsident Wladimir Putin unterstützt die Waffenruhe in der Ostukraine. Wie der Kreml am Samstag mitteilte, sprach sich Putin dafür aus, dass beide Seiten ihre militärischen Operationen einstellen sollten. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte als Teil eines Friedensplans für die Ostukraine eine einwöchige Waffenruhe des ukrainischen Militärs verkündet, die am Freitagabend in Kraft trat und bis 27. Juni gilt. Sie soll den dortigen Rebellen die Chance bieten, selbst die Waffen niederzulegen oder abzuziehen. (ap)

Bei den nächtlichen Angriffen auf ukrainische Grenzposten – beide nach Beginn der von Poroschenko ausgerufenen Waffenruhe – wurden nach Angaben des ukrainischen Grenzschutzes drei Soldaten verletzt. Der Posten Wiselky sei eine halbe Stunde lang mit Mörsern und von Heckenschützen beschossen worden. Unmittelbar vor Beginn der Waffenruhe hatte es diesen Angaben zufolge bereits sechs Verletzte beim Beschuss eines anderen Grenzpostens gegeben.

Gegen 23 Uhr am Freitagabend – also nach Beginn des Waffenstillstands – überfielen nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums bewaffnete Männer mit automatischen Waffen und Granatenwerfern den Stützpunkt einer Raketeneinheit. Die Armee habe zurückgeschossen. Am Morgen seien die Rebellen abgezogen, erklärte das Ministerium.

Die Rolle Russlands bei dem Geschehen ist undurchsichtig. Der Westen unterstellt Moskau die Unterstützung der Rebellen zur Destabilisierung des Nachbarlands. Bereits Ende kommender Woche beim Treffen des Europäischen Rates könnten deshalb neue Sanktionen zur Debatte stehen. Denkbar sind erstmals Sanktionen der sogenannten Stufe drei, also Strafmaßnahmen gegen ganze Wirtschaftszweige. Bislang sind Einzelpersonen und Unternehmen betroffen.

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13 Kommentare

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  • Und während sich hier alles hochschaukelt, hat Putin die Ermächtigung zum Millitäreinsatz an das russische Parlament zurückgegeben. Mit dem Durchblick scheint es hier nicht so weit her zu sein.

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Die Berichterstattung des Westens erwähnt nur unzulänglich die Gräultaten, die sich in der Ukraine abspielen.

    Aktionen der nicht gerade zimperlich agierenden Blackwater und Academi- Spezialeinheiten, die bereits im Irak und Afhanistan einegestezt, finden kaum Platz in der Kriegsberichterstattung.

    Kein Wort in der Presse über Phophor Bombardements über Slavyansk.

    http://rt.com/news/165628-ukraine-incendiary-bombs-phosphorus/

  • US-Regierungssprecher : „Wir werden die Anwendung militärischer Gewalt durch Russland in der Ostukraine nicht akzeptieren – unter welchem Vorwand auch immer.“

    Inzwischen sickerte durch , dass Obama angeordnet hat , die Gefechtsbereitschaft zum Abschuss von Interkontinentalraketen zu überprüfen und Atom-U-Boote ins Schwarze Meer zu entsenden .

    • @APOKALYPTIKER:

      Für die Freiheit!

      • @friedjoch:

        Ja , es geht doch nichts über die Freiheit , Demokratie und Marktwirtschaft !

        • @APOKALYPTIKER:

          Vorwärts mit Putin für eine freie Ukraine. Nieder mit den Faschisten und den amerikanischen Atom-Ubooten im Schwarzen Meer.

          • @Gabriel Renoir:

            Mensch Gabi, sollst du so spät noch wach sein?

  • Da sterben jetzt schon hunderte in einer Nacht. Während in deutschen Medien noch von 'Handlungsbereitschaft zeigen' und 'wehrhafte Rechtsstaatlichkeit' geschwafelt wird, wollen wir es nicht langsam mal einen KRIEG nennen?

  • Wo liegt der Sinn dass Russland 3000 km von der Ukraine entfernt, im Ural, Manöver abhält? Putin ist weniger legitimiert als Poroschenko, denn es gibt viele sehr seltsame Wahlergebnisse der Putinwahl, zB 99.5% der Tschetschenen hätten ihn gewählt. Die Details in der Ukraine kenn ich nicht. Finde die Lage jedoch insgesamt sehr traurig.

  • Mögliche Variante: die Russen sind Teil des Planes. Ich sprach schon öfter davon das P. sowohl vom „Rechten Sektor“, als auch von Oligarchen mit Privatarmeen (Söldner)erpresst wird.

    Scheinbar hat der Präsident lediglich die Befehlsgewalt über die ukrainische Armee (die kaum in die „Kämpfe“ involviert ist und bestenfalls Teile der Nationalgarde.

    Es existiert eine durch nichts legitimierte „Regierung“ (mit Ausnahme des neuen Außenministers)

    und der Junta scheint es egal zu sein was der gewählte Präsident will.

    Zitat:“ Der ukrainische Oligarch Igor Kolomojski hat sich gegen die Feuereinstellung im Osten der Ukraine und gegen jegliche Kontakte zu Aufständischen in den Gebieten Donezk und Lugansk ausgesprochen. Das teilte ein Mitarbeiter des Rates für nationale Sicherheit der Ukraine RIA Novosti mit.

    „Während der jüngsten Arbeitsreise von Poroschenko ... hatte Kolomojski ihm offen gesagt, er werde nie auf seine Befehle hören. Zudem erklärte der Oligarch, dass seine Privatarmee den ‚Separatisten‘ trotz Waffenruhe den Rest geben wird“

    Ein Schlauer Schachzug wäre Untersuchung der Morde auf Maidan, Odessa, Krasni Liman, usw.

    Wer die Täter sind, dürfte jedem Klar sein. Die Wahlen haben gezeigt, es gibt kaum Rückhalt in der Bevölkerung – eigentlich wird die Mehrheit durch faschistische Terroristen unterdrückt.

    Nachdem die Mörder öffentlich entlarvt sind kommt der öffentliche Befreiungsschlag gegen die verantwortlichen Strukturen. Die militärische Hauptpräsenz der Faschisten sind in der Ostukraine mobilisiert. Bei Befehlsverweigerung werden sie entwaffnet unter mithilfe der regulären Armee (die dabei sicherlich begeistert mitmacht), den Separatisten – und als Joker den Russen.

    Viele Probleme wären gelöst -die Basis für eine friedliche Lösung offen. Voila – der Westen hat seine demokratische Ukraine (die dann wahrscheinlich Föderativ wird) füe die er sich dann auch nicht mehr „schämen“ braucht...

  • Es bewegt sich zumindest langsam etwas in der Berichterstattung über die Konflikte in der Ost-Ukraine.

    Bei dieser ap-Meldung wird schon die Schuldzuweisung an die Russische Förderation sehr eingeschränkt und die deren Rolle wird nur noch als "undurchsichtig" bezeichnet.

     

    Ebenso wird von "dem Westen" geredet, was wesentlich neutraler ist, als wenn sich die Meldungsschreiber gleich mit "dem Westen" identifizieren.

     

    Es ist zu hoffen, dass dies Anzeichen sind, dass auch die Politik innerhalb der EU gegenüber den Unabhängigkeitskämpfern in der Ost-Ukraine sich ändert und Verhandlungen stattfinden statt Krieg.

    • @Age Krüger:

      Mit Worten bewertet man. Die Unabhängigkeitskämpfer der ISIS; die Unabhängigkeitskämpfer in der Ostukraine; die Unabhängigkeitskämpfer im Südsudan. Sorry, die sind jetzt unabhängig, ich meinte die Unabhängigkeitskämpfer der Ethnie Nummer 2 im Südsudan. In meinen Augen alles kriminelle Idioten.

      • @Gabriel Renoir:

        Ich kann leider von hier aus nicht beureteilen, inwieweit sich die Menschen in der Ostukraine, die sich zu illegalen Aktionen entschieden, tatsächlich dies als einziges Mittel hatten, ihre Selbstbestimmung zu behalten.