Konflikt im Südsudan: Blut am Hut
Gewaltsame Auseinandersetzungen in der Hauptstadt Juba weiten sich auf die größte Provinz Jonglei aus. Der Südsudan bleibt politisch instabil.
KAMPALA/LONDON ap | Die Gefechte im Südsudan weiten sich offenbar zu einer landesweiten Krise aus. Soldaten in der Region Jonglei hätten sich in der Nacht zum Mittwoch Kämpfe geliefert, sagte der UN-Militärsprecher Philip Aguer der Nachrichtenagentur AP. Zahlreiche Offiziere seien dort desertiert, teilten BeobachterInnen mit. Laut der UN sind seit Sonntag dort 500 KämpferInnen dem Konflikt zum Opfer gefallen. Spekuliert wird, ob sich der Konflikt an einem Putschversuch entfacht hat.
In dem Konflikt stehen sich SoldatInnen von der größten Volksgruppe der Dinka - der Präsident Salva Kiir angehört - und Kämpfer des Nuer-Clans von Ex-Vizepräsident Riek Machar gegenüber. Die Regierung wirft Machar vor, ihn Anfang der Woche gestürzt haben zu wollen. Als Reaktion ließ die Regierung zehn bedeutende PolitikerInnen festnehmen. Außenminister Barnaba Marial Benjamin teilte mit, Machar sei vermutlich aus der Hauptstadt geflohen.
Militärsprecher Aguer versuchte, Berichte über Deserteure zu prüfen. Casie Copland, Südsudan-Expertin des Forschungsinstituts International Crisis Group, sagte, Offiziere aus Machars ethnischer Gruppe der Nuer seien in Jonglei desertiert. Die Krise sei nicht mehr auf Juba beschränkt, erklärte sie.
Großbritannien reagierte auf die Unruhen und kündigte an, Teile seines diplomatischen Personals aus dem Land abziehen zu wollen. Die Botschaft selbst bleibe aber geöffnet, teilte das Außenministerium in London mit. Am Dienstag hatte bereits die Vertretung der USA ihre Arbeit ausgesetzt und US-Bürger in dem Land zur unverzüglichen Ausreise aufgerufen.
Die UN erklärt, die Konfliktlinien verliefen offenbar entlang ethnischer Gruppen. Inzwischen seien rund 500 Menschen getötet worden, bis zu 20.000 Menschen hätten in der UN-Zentrale in Juba Zuflucht gesucht, sagte der französische UN-Botschafter Gérard Araud im Sicherheitsrat. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon rief die Konfliktparteien zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf. Zivilisten sind bei den Kämpfen nach Einschätzung der UN bislang nicht ins Visier geraten.
Ob es sich bei den Gewaltausbrüchen dieser Woche tatsächlich um einen Putschversuch handelt, sei unklar, sagte die Forscherin Copeland. Politische Spannungen gibt es jedoch schon seit Juli, als Kiir seinen Vizepräsidenten Machar entließ. Machar übte offen Kritik am Staatschef, nannte ihn einen Alleinherrscher und kündigte eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2015 an.
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