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Kompetenzen in der PandemiepolitikBundes-Notbremse geplant

Der Bund will die Corona-Politik stärker mitbestimmen. Dazu soll schnell ein Gesetz her. Das Treffen mit den Ländern ist abgesagt worden.

Will mehr Verbindlichkeit bei der Notbremse: Kanzlerin Angela Merkel Foto: Markus Schreiber/ap/dpa

Freiburg taz | Der Bund will jetzt doch teilweise die Kontrolle bei der Pandemiebekämpfung übernehmen. Ins Infektionsschutzgesetz soll eine strenge Notbremsen-Regelung eingefügt werden. Zugleich soll das für Montag geplante Bund-Länder-Treffen ersatzlos entfallen.

Künftig soll bundesweit verbindlich vorgeschrieben werden, welche Einschränkungen gelten, sobald die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis über dem Wert 100 liegt. Das kündigte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer an diesem Freitag in der Regierungspressekonferenz an. Die Regelung soll auf Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz zurückgreifen.

Tatsächlich haben die Mi­nis­ter­präsi­den­t*in­nen mit der Kanzlerin auf ­ihrem Treffen am 3. März bereits eine sogenannte Notbremse beschlossen, die von Ländern und Landkreisen aber nur inkonsequent umgesetzt wurde. Anfang März ging es einerseits um ­Lockerungen bei Zusammenkünften und der Öffnung des Einzelhandels.

Doch mehrfach findet sich im damaligen Beschluss dieser Notbremsenpassus: „Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner an drei aufeinanderfolgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauffolgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.“

Bund schließt Schulen?

Vor dem 7. März war zum Beispiel der Einzelhandel geschlossen. Und private Zusammenkünfte waren nur im eigenen Haushalt und mit einer weiteren Person möglich. Voraussichtlich wird die neue Bundesnotbremse aber auch weitere Maßnahmen umfassen. Die Tageszeitung Die Welt berichtet zum Beispiel über geplante nächtliche Ausgangssperren. Auch Schulschließungen kommen in Betracht.

Die Bundesregierung will den konkreten Gesetzentwurf bis Dienstag in Gesprächen mit den Bundesländern und den Bundestagsfraktionen erarbeiten. Am Dienstag soll der Entwurf im Kabinett beschlossen werden. Der Bundestag könnte dann das Gesetz schon nächste oder übernächste Woche beschließen.

Eine Beschlussfassung schon in der kommenden Woche wäre möglich, wenn eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten auf Fristen verzichten würde. Dann müssten aber auch Oppositionsfraktionen das Eilverfahren mittragen – was ihnen wiederum Einflussmöglichkeiten gäbe. Außerdem muss auch der Bundesrat befasst werden. Nach bisheriger Praxis galten die Änderungsgesetze zum Infektionsschutzgesetz stets als zustimmungsbedürftig.

Eine solche Lösung wäre in mehrfacher Hinsicht ein Kompromiss. Bei Inzidenzwerten bis 100 behalten die Länder ihre Handlungsfreiheit. Erst wenn das Infektionsgeschehen massiv aus dem Ruder läuft, gelten die vom Bund vorgegebenen Einschränkungen. Weitere Beschlüsse von Ländern oder Landkreisen wären dann nicht mehr erforderlich.

Lockdown vorerst vom Tisch

Ein allgemeiner Lockdown, wie er zum Beispiel von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vorgeschlagen wurde, ist damit vorerst vom Tisch. Die Lockdown-Maßnahmen, die bei Überschreitung der 100er-Inzidenz greifen sollen, sind voraussichtlich auf die Ebene der jeweiligen Landkreise begrenzt.

Eine Verschiebung der Ministerpräsidentenkonferenz hatte sich zuvor bereits angedeutet. Sie wurde auch durch einen Vorstoß der Spitzen der Koalitionsfraktionen im Bundestag nötig.

Die Fraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU) und Rolf Mützenich (SPD) sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte in einem Brief an die Kanzlerin und den MPK-Vorsitzenden, Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), eine Bundestagsdebatte noch vor der nächsten Bund-Länder-Runde verlangt. Sie hatten dazu eine Regierungserklärung oder eine Debatte im Parlament vorgeschlagen. Der Bundestag kommt wieder planmäßig vom kommenden Mittwoch bis Freitag zusammen.

Nach Darstellung von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble lässt sich das Infektionsschutzgesetz in kürzester Zeit ändern. „Es kann schnell gehen, wenn die Beteiligten alle wollen“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend im ZDF-“Heute Journal“. Zur Not könne dies sogar in einer einzigen Sitzungswoche passieren. (mit dpa)

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6 Kommentare

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  • Wow, erst sagt man dem Parlamentarismus ade und regiert alleine, jetzt scheißt man dann auf das grundlegende föderale Staatsprinzip, das es übrigens aus einem guten Grund gibt.

    Dabei sind wir nicht annähernd in einer extrem dramatisch denkbaren Situation. Die Sterblichkeit ist relativ gering. Ich will mir nicht ausmalen, was abgehen würde, hätte man es mit einem extrem tödlichen Virus zu tun. Schießbefehl, Internierungslager und das Juhu der Selbstverliebten.



    Schuld war nachher jemand anderes, im Idealfall die Opfer.

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Die Gründung der Bundesrepublik folgte nach einer schlimmen Zeit.



    Es wurde der Föderalismus eingeführt damit nicht eine kleine Gruppe von Personen Gesetze erlässt die ins Grundgesetz eingreifen.

    Auch das Gesetze am Parlament vorbei gemacht werden ist vollkommen falsch.

    Selbst bei einer Pandemie und dadurch auftretenden Todesopfern sollten wir nicht zu lassen das ein Gesetz erlassen wird bei dem der Föderalismus ausgehebelt wird.



    Wehret den Anfängen, wir sollten uns bewusst sein welchen Unfug damit betrieben werden kann

    • @15833 (Profil gelöscht):

      "Es wurde der Föderalismus eingeführt damit nicht eine kleine Gruppe von Personen Gesetze erlässt die ins Grundgesetz eingreifen."



      Das Modell relative unabhängiger Länder ist mitnichten eine Erfindung die erst post-45 gemacht wurde, sondern, auch wenn die Machtbegrenzung des Bundes sicher eine Rolle gespielt haben mab, viel mehr die Fortschreibung der deutschen Kleinstaaterei in der jedes Fürstentum eigene Gesetze und jede Stadt eigene Maße und Gewichte hatte.



      "Auch das Gesetze am Parlament vorbei gemacht werden ist vollkommen falsch."



      Die geplante Bundestagsabstimmung dazu wird im Artikel ausdrücklich erwähnt. Abgesehen davon wäre das verfassungskonform gar nicht möglich und würde entsprechend vom BVerfG sofort wieder kassiert.



      "Wehret den Anfängen"



      Selbstverständlich immer, aber bitte an der richtigen Stelle. Merkel und GroKo die ja nun wirklich regelmäßig die Beschränktheit ihrer Macht und Handlungsmöglichkeiten demonstrieren autoritäre Tendenzen zu unterstellen ist schon reichlich absurd und zwar um so mehr vor dem Hintergrund der anhaltenden Konezptlosigkeit und zunehmenden Gewöhnung des demokratischen Spektrums gegenüber der immer größer und aggressiver werdenden Gruppe von Mitbürger*innen die sich von demokratischen Selbstverständlichkeiten und deliberativem Meinungsaustausch vollständig losgesagt haben.

  • Ich verstehe das nicht. Gesundheit ist keine Ländersache, sondern Bundesangelegenheit.



    Zero-Covid ist also ein Durchsetzungsproblem.

  • RS
    Ria Sauter

    Der Beitrag lief heute im ZDF, nachmittags.



    Sehr interessant, was Frau Dr.Leimer-Lipke zu der Vorgehensweise sagt.

  • RS
    Ria Sauter

    Wenn sie denn mal auf wirkliche Fachleute hören würden, ginge es vielen Menschen sehr viel besser.



    Eine Gemeinschaft aus Hausärzten und Ärztinnen macht es vor.



    Einfach mal nach "Reinikendorfer Modell" suchen.



    Keiner, der 1000 Coronapatienten,



    die so behandelt und betreut wurden ist gestorben. Sehr wenige mußten ins Krankenhaus.



    Auf die unzähligen Schreiben und Mails der Ärzte wurde nicht geantwortet.



    Noch Fragen?