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Komödie von Herbert Fritsch in BaselDer Kalauer bleibt drin

Bei Herbert Fritsch laufen sie noch gegen jede Wand, die Damen und Herren der Komödie „Pferd frisst Hut“. In Basel macht Grönemeyer die Musik dazu.

Die fabelhafte Crew von „Pferd frisst Hut“ Foto: Thomas Aurin

Herbert-Fritsch-Fans wissen, was sie erwartet. Es ist eine Art von motorischem Extrakt, der Wagner-Opern ebenso erfasst wie selbstverfassten Nonsens. Seit der Ex-Volksbühnenstar die Seiten gewechselt hat und ganz vorne in der Zunft der Regisseure mitmischt, ist das so. Mit einer stilisierten Ästhetik, artistischer Slapstickmotorik, mit bewährten und auch schon etwas abgenutzten Gags. Bei Fritsch laufen sie noch gegen jede Wand, kriegen immer wieder eine abrupt geöffnete Tür mit voller Wucht ins Gesicht oder schauen dem Mann auf die Hose, wenn irgendwas auch nur „klein“ genannt wird. So in der Art. Man muss sich schon bewusst von der Ursubstanz des Theaters unterhalten lassen wollen, um hier gut bedient zu werden.

Das legendäre „Murmel Murmel“ an der Volksbühne war dafür sozusagen das Opus 1 in einem inzwischen auch die Oper einbeziehenden, flott wuchernden Werkverzeichnis. Manchmal endet sein Kopfsprung in bekannte Stücke (wie in Rossinis „Barbier“ in Wien) mit einer scheppernden Bruchlandung. Dann wieder gelingt es ihm, mit einem für seine Methode scheinbar nicht geeigneten Stück (wie ausgerechnet Wagners „Fliegender Holländer“ an der Komischen Oper in Berlin) unerwartet treffsicher zu faszinieren.

Eugène Labiches „Ein Florentinerhut“ von 1851 ist per se eine Steilvorlage fürs Fritschtheater. Hier sind das Tempo und die Verwirrung angelegt und warten nur auf die Turbobeschleunigung und ein Ensemble, das mitspielt.

Für seine schon zweite Inszenierung dieses Klassikers kommt diesmal ein Sahnehäubchen obendrauf: Kein Geringerer als Herbert Grönemeyer hat für die Basler Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin, die jetzt in Basel Premiere hatte, ganze 16 Songs und einige Zwischenmusiken beigesteuert. Thomas Meadowcroft hat sie fürs große Orchester arrangiert und Thomas Wise und das Sinfonieorchester Basel sorgen dafür, dass es tatsächlich nach einer musikalischen Komödie klingt, die irgendwo zwischen Vaudeville-Show, Musical und Boulevardkomödie mit der Musik Blinde Kuh spielt, und mal das eine, mal das andere erwischt.

Seitensprung kaschieren

Der Titel „Pferd frisst Hut“, bringt die Vorgeschichte auf den Punkt und liefert das erste Bild zur Ouvertüre. Der Raum, in dem dann die Jagd nach einem Ersatzhut beginnt (und wie immer auch vom Regisseur stammt), ist bunt und schief, hat 10 Türen und eine Drehtür im Zentrum oberhalb einer gelben Treppe.

Der Besitzer des Hut fressenden Pferdes Fadinard muss Ersatz beschaffen, denn der Hut gehörte einer verheirateten Frau mit eifersüchtigem Ehemann. Der Hut-Fress-Unfall passierte bei einem Schäferstündchen der Hutbesitzerin mit ihrem Lover. Dass der Pferdebesitzer gerade heiraten will und die gesamte Verwandtschaft schon in den Taxis auf den Startschuss wartet, gehört zu der Kombination von Unwahrscheinlichkeiten, aus dem der Treibstoff für Komödienchaos gemacht ist.

Und das entfesselt Fritsch mit seiner fabelhaften Crew. Wenn die unter die etwas lang geratenen gesprochenen Passagen gemischten Songs direkt nach Grönemeyer klingen (wie bei Christopher Nells Fadinard und bei Sarah Bauerett als seiner rau röhrenden, Hüte machenden Ex Clara), ist es eine wahre Freude. Bei den eher im gängigen Musicalsound daherkommenden Songs ist es vor allem die ironische Überspitzung, in die Fritsch seine Interpreten treibt, die die Nummern eine rettende Handbreit über den Reim-dich-oder-ich-schlag-dich-Klippen der Grö­ne­meyer-Texte schweben lässt.

Für sich genommen wären die meisten Bum-bum-bum oder La-la-la gerahmten Sprüche als Songlyrik nur schwer auszuhalten. Weil sie aber allesamt eine so perfekte Nonsenssohle aufs Parkett legen, muss man in den etwas überlangen drei Stunden selbst über Klassiker herzlich lachen. Über den Hut, der immer wieder weiterhüpft, wenn ihn sein Besitzer aufheben will, oder über die zwei Herren in der Badewanne. Frei nach dem Motto: die Ente, äh, der Kalauer bleibt drin.

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