Kommunalkino von Schließung bedroht: Zu viel Profil ist tödlich

Das „Cine K“ in Oldenburg ist vom Programm her ein Kommunalkino – allerdings bislang ohne städtische Förderung. Jetzt braucht es die aber doch.

In einem Kinosaal sitze Menschen und sehen einen Film

Voller Saal, leere Kasen: Corona war für das Cine K kein Problem, jetzt braucht es Hilfe Foto: Cine K

„Das Cine K ist gefährdet“. Dieser Hilferuf steht seit einigen Wochen auf der Homepage des kleinen Kinos in Oldenburg. „Nach 20 Jahren stehen wir erstmals vor dem Aus. Wir können das Kino nicht mehr finanzieren!“

Was ist da passiert? Von der Philosophie und der Programmierung mit anspruchsvollen, nicht-kommerziellen Filmen her, ist das Cine K ein kommunales Kino. Nur wird es eben nicht kommunal, sprich von der Stadt Oldenburg, gefördert. Marion Fittje und Wolfgang Bruch, die seit den Anfängen in den frühen 1990er-Jahren im Kino arbeiten und sich heute die Leitung teilen, hatten eine andere Lösung fürs Überleben gefunden: Sie verwandelten den Verein, der das Kino bis dahin organisiert hatte in eine Firma, die sie nun auf eigene Rechnung betrieben – und auf eigenes Risiko. „Unternehmer*innen wider Willen“ war die passende Überschrift des Kino-Porträts, das am 27. 6. 2019 in der taz nord erschien. Damals rechnete sich das Konzept auch gut: Das Jahr 2019 war von den Be­su­che­r*in­nen­zah­len und vom Umsatz her das beste des Cine K.

Doch nun sieht es anders aus: Die Firma steht mit mehr als 40.000 Euro in der Kreide. Da Fittje und Bruch dafür persönlich haften, geht es so nicht weiter. Ein Grund für die finanzielle Schieflage scheint paradox zu sein: Für ein Kino bedeutet schlechtes Wetter grundsätzlich bessere Geschäfte. Aber das Cine K hat im verregneten Spätsommer vier Wochen lang ein Open-Air-Kino im Hof der Kulturetage betrieben, um so Defizite auszugleichen. Diese Rettungsaktion ist dann ins Wasser gefallen.

Freizeitverhalten hat sich verändert

Das Problem liegt tiefer, erklärt Wolfgang Bruch: „Das Freizeitverhalten der Ki­no­be­su­che­r*in­nen hat sich deutlich verändert“, so sein Befund. „Vor Corona hatte das ältere Arthousepublikum noch keinen Streamingdienst. Jetzt haben alle einen. Und viele haben die Mediatheken für sich entdeckt.“ Außerdem sei heute alles „so schwierig, dass die Leute sich abends nicht auch noch einen Film reinziehen wollen, der sie ebenfalls fordert“.

Nun ist dies ein Problem, mit dem alle Arthouse-Kinos kämpfen. Aber für das Cine K ist es besonders schwer zu lösen, denn in der Stadt mit etwas mehr als 170.000 Ein­woh­ne­r*in­nen gibt es mit dem „Casablanca“ schon ein großes Programmkino mit vier Sälen. „Und das bedeutet, dass wir etwa eine anspruchsvolle Komödie gar nicht kriegen, weil die Verleiher das größere Kino in der Stadt zuerst bedienen“, erklärt Bruch weiter: „Und so sind die schwierigeren Filme für uns die Nische, an der wir nichts verändern können.“

Auch die komplexen Bedingungen, unter denen das Cine K als Kino betrieben wird, haben sich verändert: Das Cine K hat in dem Kulturzentrum Kulturetage einen kleinen Kinosaal mit 50 Sitzplätzen gemietet. Es teilt sich mit dem dort beheimateten Theater das größere Studio mit 150 Plätzen. Zum Foyer vor beiden Sälen gehört eine Theke, die vom Cine K betrieben wird. Bei den Theatervorstellungen an den Wochenenden wurde dort gut verdient.

Doch nach Corona hatte auch das Theater Schwierigkeiten, wieder in die Gänge zu kommen. Eine neue Theaterleitung änderte zudem das Konzept, sodass es in diesem Saal kaum noch öffentliche Veranstaltungen gibt. Dadurch ist also noch eine andere Einkommensquelle „weggebrochen“, so Marion Fittje. „Außerdem sind die Kosten für Energie und das Personal gestiegen, und wir können das nicht auf die Eintrittspreise umlegen“, führt sie weiter aus. „So wurde die finanzielle Lücke immer größer.“

Corona war kein Problem

Die Coronakrise hatte das Cine K noch gut überstanden, gerade weil es keine kulturelle Förderung von der Stadt bekam. „Da war es für uns von Vorteil ein Wirtschaftsunternehmen zu sein, denn wir konnten so Förderungen bekommen, die uns gerettet haben“ erklärt Marion Fittje.

Aber nun funktioniert der Wirtschaftsplan nicht mehr. Die Unterstützungskampagne war in den ersten paar Wochen zwar schon sehr erfolgreich: Viele Ol­den­bur­ge­r*in­nen haben gespendet oder sind in den Förderverein eingetreten. Doch selbst wenn die drohende Schließung des Kinos dadurch abgewendet wird, ist dies nur eine kurzfristige Lösung.

„Unser Modell trägt nicht mehr. Wir brauchen eine stärkere strukturelle Förderung, um so weiter Kino zu machen“, fordert Wolfgang Bruch. Die Chancen dafür stehen nicht ganz schlecht.

Die Stadt Oldenburg wird in den kommenden Wochen über ein neues Konzept der kulturellen Förderung entscheiden. Wie alle freien Kulturträger der Stadt hat auch das Cine K einen Antrag gestellt, über den eine Jury des Beirats entscheidet. Wenn dort alles gut geht, hätten Fittje und Bruch Planungssicherheit für die nächsten fünf Jahre. Wenn nicht, könnte Oldenburg einen seiner lebendigsten Kulturorte verlieren.

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