Kommentar: Viele Formen der Diskriminierung
Die Sensibilität für den alltäglichen Rassismus hat zugenommen. Durch Ausschreitungen wie in Mügeln geraten subtilere Formen der Ausgrenzung jedoch aus dem Blickfeld.
W enn, wie jetzt im sächsischen Mügeln geschehen, eine Gruppe von acht Indern von einer halben Hundertschaft über den Marktplatz gejagt wird, dann ist die mediale Aufmerksamkeit garantiert. Seit der Debatte über sogenannte No-go-Areas im Vorfeld der vergangenen Fußball-WM hat aber auch die Sensibilität zugenommen für den ganz alltäglichen Rassismus in Deutschland, der sich in vielen kleineren Vorfällen zeigt. Verharmlost werden diese heute nur noch selten.
Daniel Bax, 37, ist taz-Meinungsredakteur.
Dass man mancherorts allein schon deshalb in Gefahr gerät, weil man die "falsche" Hautfarbe oder Herkunft aufweist, ist ein Skandal, an den man sich nicht gewöhnen darf. Das Gleiche gilt für die Tatsache, dass man dabei nicht immer auf die Zivilcourage seiner Mitbürger rechnen kann, die, wie in Mügeln, das Geschehen lieber als unbeteiligte Zuschauer verfolgen. Umso wichtiger ist es, dass man sich als Betroffener wenigstens auf den Schutz durch die zuständigen Behörden - in diesem Fall die Polizei - verlassen kann.
Durch spektakuläre Ausschreitungen wie in Mügeln geraten subtilere Formen der Ausgrenzung zuweilen aus dem Blickfeld. Doch Diskriminierung in Deutschland kennt viele Formen. So gaben in einer neuen Studie des Essener Zentrums für Türkeistudien jüngst drei Viertel aller befragten türkischstämmigen Bürger an, sie seien schon mindestens einmal von Diskriminierung betroffen gewesen - in der Schule, am Arbeitsplatz und an der Universität. Am stärksten fühlten sich dabei übrigens diejenigen betroffen, die in Deutschland geboren sind und über eine gute Ausbildung verfügen.
Wie man mit klaren Maßstäben "null Toleranz" zeigt, demonstriert gerade der Deutsche Fußball-Bund (DFB). Weil der Bundesliga-Profi Gerald Asamoah geklagt hatte, er sei von einem Kollegen rassistisch beleidigt worden, lud der DFB die beiden Spieler zur Anhörung vor. Was auch immer diese ergeben wird, die Botschaft ist jetzt schon klar: dass rassistische Beleidigungen im Sport kein lässliches Vergehen sind.
Zu wünschen ist, dass staatliche Stellen und Institutionen in solchen Fällen stets ähnlich sensibel reagierten. Ansonsten bleibt nur das Antidiskriminierungsgesetz, auf dessen pädagogische Wirkung man hoffen darf.
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