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KommentarMügeln liegt nicht auf dem Mars

Astrid Geisler
Kommentar von Astrid Geisler

Falls es noch eines Belegs bedurfte, dass einige Kommunalpolitiker selbst Teil des Rechtsextremismusproblems sind: Mügelns Bürgermeister Deuse hat ihn geliefert.

I n den letzten Tagen konnte einem dieser Gotthard Deuse aus Mügeln zuweilen leidtun. Seit 17 Jahren führt der FDP-Mann als Bürgermeister die Geschäfte im Rathaus der sächsischen Kleinstadt - offenbar recht erfolgreich, sonst hätten ihn die Bürger kaum immer und immer wieder gewählt. Doch seit dem Überfall auf acht Inder hagelte es Kritik. Mal musste sich Deuse als Ignorant, mal als überforderter Naivling anprangern lassen. War das ungerecht? Übertrieben? Spätestens seit gestern hat der FDP-Politiker seinen Anspruch auf Mitleid verspielt.

Skandalös ist weniger der Umstand, dass Deuse nach Dutzenden Interviews nun auch noch mit der Jungen Freiheit geredet hat. Dramatisch ist, was er dort zu Protokoll gegeben hat. Falls es noch eines weiteren Belegs bedurfte, dass einige Kommunalpolitiker selbst Teil des Rechtsextremismusproblems sind: Deuse hat ihn geliefert.

Und wie reagiert die Parteispitze der FDP in Berlin? Sie tut so, als wäre Mügeln auf dem Mars und Deuse keiner der ihren. Damit verkennen die Liberalen ihre Verantwortung für die lokale Demokratie. Denn der Fall Mügeln wirft ein hartes Licht auf die Zustände an der Basis der demokratischen Parteien. Man kann der FDP wie den anderen demokratischen Parteien nicht vorwerfen, dass in ihren Ortsverbänden keine politischen Genies am Werk sind. Doch die Parteispitzen dürfen ein Verhalten wie das des Bürgermeisters Deuse nicht dulden. Zur Aufgabe der demokratischen Parteien im Kampf gegen den Rechtsextremismus gehört es auch, klare Grenzen zu ziehen. Wenn die Mitglieder an der Basis überfordert sind, müssen die Profis helfend eingreifen. Wenn die Kollegen uneinsichtig sind, muss deren Verhalten notfalls sanktioniert werden.

Sollte die FDP-Spitze sich der Causa Deuse weiter verweigern, muss sie sich fragen lassen, ob sie etwa mit dessen Profil bei den Wählern im Osten punkten will. Mit ihrer Ignoranz lässt die FDP all jene Mügelner im Stich, die anders als ihr Bürgermeister die Fremdenfeindlichkeit im Ort nicht kleinreden wollen. Doch genau diese Menschen brauchen nun öffentliche Unterstützung. Denn nur mit ihrer Hilfe kann sich in der Region etwas zum Positiven wenden.

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Astrid Geisler
Korrespondentin Parlamentsbüro
Jahrgang 1974, ist Parlamentskorrespondentin der taz. Zuvor hat sie als Reporterin und Inlandsredakteurin für die Zeitung gearbeitet. Sie war Stipendiatin des Netzwerks Recherche und erhielt für ihre Recherchen über Rechtsextremismus unter anderem den Theodor-Wolff-Preis. Schwerpunkte ihrer Berichterstattung sind die Piratenpartei, die CDU und das Thema Innere Sicherheit. Autorin der Sachbücher „Heile Welten. Rechter Alltag in Deutschland“ und „Piratenbraut. Meine Erlebnisse in der wildesten Partei Deutschlands“.
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1 Kommentar

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  • A
    André

    Skandalös ist doch vielmehr, dass es die "Junge Freiheit" braucht, damit Deuse seine Sicht der Dinge überhaupt mal darlegen kann.

     

    Was er sagt, hat es in sich.

    Da brauchts die "Junge Freiheit" damit man erfährt, dass Deuse die "Ausländer raus"-Rufe verurteilt. Was stand noch in den Medien?

     

    Das passte wohl nicht ins Bild des braunen Ostens. Ebenfalls bezeichndend ist, dass alle wissen was passiert ist. Sogar Herr Edathy im fernen Indien(!) hat den Überblick. Nur einem traut man es nicht zu. Und das ist ausgerechnet der, der seit 17 Jahren Bürgermeister in dieser Stadt ist.

     

    Was die Republik und die gesamte Journaille so erregt, ist nicht die Tatsache, dass sich in Mügeln Menschen geschlagen haben.

     

    Es ist die Tatsache, dass die "Ossis" verdammt nochmal darauf bestehen, dass man die Ermittlungen der Polizei abwartet.

    Die Tatsache, dass sie sich zum ersten Mal nicht mehr von größtenteils Westdeutschen erzählen lassen, wer sie sind und was sie tun.

     

    Die Tatsache, dass sie sich nicht kaputtreden lassen wollen, was sie in 17 Jahren aufgebaut haben.