Kommentar: Polizeiskandalisiert
■ Boatengs Verurteilung neutralisiert nicht den Vorwurf der Scheinhinrichtung
Vom Kronzeugen und Opfer zum Täter und Verurteilten: Mit Genugtuung nehmen diejenigen, die ohnehin immer vom „sogenannten Polizeiskandal“ sprechen, den Schuldspruch für Joel Boateng zur Kenntnis. Wer dealt, klaut, vergewaltigt und fixt, kann nur ein Lügner sein.
Bekannt war jedoch immer, daß es sich bei den Opfern möglicher Scheinhinrichtungen nicht um Ausländer handelt, die Mitglieder des Diplomatischen Corps sind. Sondern um Kleinkriminelle, Drogendealer und Illegale, die angesichts eigener Straftaten keinen großen Drang verspüren, Mißhandlungen durch Polizisten bei der Polizei zur Anzeige zu bringen. Gerade das schützte Beamte, die ihre Dienstmarke mit einer Lizenz zum Prügeln verwechseln.
Selbst wenn Boateng die Anzeige nur dazu benutzt hat, seiner Abschiebung zu entgehen, selbst wenn politische Aktivisten ihn für ihre Ziele instrumentalisieren wollten: Der Vorwurf von Scheinhinrichtungen – der auch aus der Polizei selbst kam – ist damit nicht vom Tisch, auch wenn er in diesem Fall nicht beweisbar ist.
Der entscheidende Punkt für den Rechtsstaat ist ein anderer: Selbst Mistkerle, Lügner oder Mörder dürfen von der Polizei nicht erschossen, geschlagen oder erniedrigt werden. Das unterscheidet Polizisten, die im Auftrag des Staates Macht ausüben, von gemeinen Kriminellen. Mit einer Straftat hat ein Täter nicht seine Menschenrechte verwirkt.
Und ebenso kann die Verurteilung Boatengs weder den Vorwurf der Scheinhinrichtung noch den Polizeiskandal insgesamt neutralisieren. Silke Mertins
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