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■ KommentarPrimat der Zukunft

Daß die Sensibilität der Masterplaner im Umgang mit Stadtgeschichte nur eine scheinbare ist, weiß jeder, der sich die Pläne für die Stadtmitte einmal genauer unter die Lupe genommen hat. Dort wird gegen den ungeliebten sozialistischen Städtebau mehr geklotzt als gekleckert. Eine neue Qualität hingegen bildet, daß das „Planwerk Innenstadt“ selbst vor Gedenkorten jüdischen Lebens und Sterbens nicht mehr haltmachen will. Die Planung, statt des Mahnmals an der Levetzowstraße einen netten Häuserblock in der typischen Berliner Traufhöhe realisieren zu wollen, ist nicht nur unakzeptabel, sondern schlichtweg geschmacklos. Denkmal und Gedenkkultur werden so nicht nur ausradiert, mit einem dicken Bleistiftstrich wird Geschichte vielmehr auf Reichsgeneralbaumeisterweise abgewickelt. Die Vermutung, die Planwerker Fritz Neumeyer und Manfred Ortner hätten das Mahnmal in ihrem Entwurf schlichtweg vergessen, macht die Sache um keinen Deut besser. Die Attacke auf das Mahnmal an der Levetzowstraße zeigt daher, daß das Planwerk der städtebaulichen Zukunft Priorität gegenüber dem historischen Erinnern verleiht. Damit reiht es sich ein in den politischen Mainstream der Entsorgung von Geschichte, die zum neuen Berlin und seiner Hauptstadtfähigkeit paßt. Dazu gehört auch, daß die Topographie des Terrors im Schatten des Regierungsviertels noch immer nicht gesichert ist oder daß jüdische Wissenschaftler wie Magnus Hirschfeld als Namensgeber für Plätze scheinbar nicht taugen. Gedenkkultur versus Hauptstadtplanung erhält so keine Chance. Rolf Lautenschläger

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